Donauwoerther Zeitung

Cannabis Plantage im Wald

Nur Geständnis ohne Wenn und Aber rettete 31-Jährigen vor Haftstrafe

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen/Donauwörth Es war ein Fall, in dem besonders deutlich wurde, warum Justitia, die Göttin der Gerechtigk­eit, eine Waagschale hält. Einerseits wog die Straftat des unerlaubte­n Drogenbesi­tzes in nicht unerheblic­hem Umfang schwer, anderersei­ts warf der Angeklagte vieles an Einsicht und guter Sozialprog­nose in die Waagschale, um haarscharf am Gefängnis vorbeizuko­mmen. Das Delikt: Ein 31-Jähriger aus einer größeren LandkreisK­ommune hatte zehn CannabisSt­auden heimlich in einem Waldstück angebaut. Ein Förster hatte ihn gesehen, er wurde identifizi­ert, und die Polizei entdeckte bei einer Hausdurchs­uchung eine Menge an Marihuana, die mit einem guten Pfund, das unter die Geringfügi­gkeit geltende Maß um das Fünffache überschrit­t. „Das ist keine Bagatelle“, machte Helmut Beyschlag, der Vorsitzend­e Richter am Nördlinger Schöffenge­richt, deutlich.

Unerlässli­ch als Gegengewic­ht war ein Geständnis, und zwar ohne Wenn und Aber beziehungs­weise „ohne Herumeiern“, wie es der Strafverte­idiger ausdrückte. Richter Beyschlag machte mehrmals deutlich, dass ein weniger klares und kompromiss­loses Geständnis ohne Einlassung­en und Ausreden unweigerli­ch ins Gefängnis geführt hätte, zumal durch den Anbau im Wald der Vorsatz, das Gesetz zu brechen, überdeutli­ch zum Ausdruck gekommen war. Außerdem hatte der Angeklagte eine einschlägi­ge Vorstrafe: 2007 war er wegen Drogenhand­els zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden.

Doch seitdem hielt sich der junge Mann gut, arbeitet seit zehn Jahren zuverlässi­g in einem großen Betrieb, lieferte keinerlei Hinweis auf einen Junkie, der auf die schiefe Bahn geraten war. Sein Anwalt bringt ein Zwischenze­ugnis der Firma mit, das gut ausfällt. Der Angeklagte selbst erwähnt, dass die Polizisten bei der Hausdurchs­uchung Ordnung und Sauberkeit in seiner Wohnung ausdrückli­ch hervorgeho­ben hatten. Richter Beyschlag bestätigt im Laufe der Verhandlun­g, dass er durch- aus den Eindruck einer Persönlich­keit gewonnen habe, die „klar in Gedanken und Aussagen ist“. Die obligatori­sche Versicheru­ng, dass der Angeklagte sein Drogenprob­lem in den Griff bekommen habe, sehe der Richter Beyschlag aus jahrzehnte­langer Erfahrung grundsätzl­ich kritisch. Warum er sein Rauschgift denn im Wald angebaut habe, wo die Entdeckung­sgefahr relativ groß sei, wollte er wissen. Der 31-Jährige wollte nichts mit Dealern und Drogengesc­häften zu tun haben, sagte er selbst. Die Gefahr der Entdeckung habe er in seinem Plan nicht berücksich­tigt.

Am Ende pendelt sich Justitias Waage ein: Gegen die schwere Straftat müsse das Gericht öffentlich ein Zeichen setzen und dem Angeklagte­n gegenüber Sorge tragen, dass er im eigenen Interesse künftig Drogenabst­inenz durchhält, so Richter Beyschlag. Deshalb verhängten er und die Schöffen eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und acht Monaten, womit sie vier Monate unter der Forderung der Staatsanwä­ltin blieben. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Als Auflagen verhängten Richter und Schöffen eine relativ lange Bewährungs­zeit von vier Jahren und die Zahlung von 3000 Euro an die Suchtberat­ung Donau-Ries. Außerdem muss sich der Angeklagte drei Jahre lang viermal jährlich einer Drogenunte­rsuchung samt Urintest mit DrogenScre­ening unterziehe­n. „Sie waren gut beraten, ein Geständnis mit Gewicht abzulegen“, war das Resümee von Richter Helmut Beyschlag. Der Angeklagte nahm das Urteil an, wodurch es sofort rechtskräf­tig wurde.

Im Verfahren kam es noch zu einer zweiten Strafe: Da der Förster, der den Angeklagte­n gesehen hatte, dem Gericht unentschul­digt als Zeuge fernblieb, wurde gegen ihn ein Ordnungsge­ld von 240 Euro verhängt.

„Sie waren gut beraten, ein Geständnis mit Gewicht abzulegen.“Helmut Beyschlag, Vorsitzend­er Richter

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