Ein Phantom feiert Geburtstag
Seine Drogerie-Kette kennt jeder. Der Unternehmer Erwin Müller meidet hingegen die Öffentlichkeit. Heute wird er 85
Ulm Erwin Müllers Karriere sei die „schwäbische Variante der typischen amerikanischen Erfolgsstory“, heiß es in der Firmenbroschüre der nach ihm benannten DrogerieKette. Heute wird der Unternehmer 85 Jahre alt. Zielstrebig schuf er von Ulm aus ein Handelsunternehmen, das heute 757 Filialen in sieben europäischen Ländern, etwa 34 000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von rund 4 Milliarden Euro hat.
„Der Mogul“taufte ihn das Ulmer Stadtmagazin – und beklagte zugleich, dass Müller die Medien auf Distanz halte. Seit langem ist über den Menschen Müller nur wenig zu erfahren, das auf persönlichen Angaben vom ihm beruht. Interviews lehnt er meist ab. Manche nennen ihn deshalb „Phantom“oder „Mysterium Müller“. Aus Unternehmenskreisen ist zu hören, der Firmengründer verwalte sein Lebenswerk auch im Alter mit der ihm eigenen Akribie. Gelegentlich ist von „Kontrollsucht“die Rede. „Das kann nerven“, sagt ein Mitarbeiter der Müller-Zentrale in Ulm, der namentlich nicht genannt werden will. Laut Müllers Selbstdarstellung sind seine Beschäftigten indes durchweg glückliche Arbeitnehmer: „Es ist die menschliche Seite, die unser Unternehmen ausmacht.“
Das scheint freilich kaum zu Müllers legendärer Abneigung gegen Gewerkschaften und Betriebsräte zu passen – er führte Prozesse, um sie aus seinen Unternehmen rauszuhalten. Auch dass der Drogerie-Unternehmer Steuern hinterzog, kratzte am Lack. 2015 erklärte ein Sprecher: „Herr Müller hat im Jahr 2010 eine Selbstanzeige abgegeben, mit der er die Nachzahlung von Steuern eingeleitet hat.“Es ging um einen – vergleichsweise kleinen – Teil seines Vermögens, den er bei der Schweizer Bank Sarasin gebunkert hatte. Für Schlagzeilen sorgten Müllers private Geschäfte mit Sarasin 2017 erneut. Im Mai verurteilte das Landgericht Ulm das Geldhaus auf Schadenersatz für den Milliardär in Höhe von 45 Millionen Euro – für Verluste durch falsche Beratung.
Geschätzt wird der Unternehmer dagegen dafür, dass er ohne viel Aufhebens für soziale Zwecke spendet. Die Tellerwäscher-Saga haben viele Ulmer auf Anhieb parat: 1953 richtete der Friseur in der elterlichen Wohnung im bayerischen Unterfahlheim seinen ersten Salon ein, den er später nach Neu-Ulm verlegte. 1966 kam er auf die Idee, im Salon auch Kosmetik und Drogerieartikel anzubieten. 1969 brachte Müller dann von einer Rundreise durch Kanada und die USA die Idee von Drugstores mit Waren des täglichen Bedarfs und von großen SB-Warenhäusern mit. 1973 eröffnete er in Ulm schließlich seinen ersten reinen Drogeriemarkt. Müller habe „ein ziemlich einzigartiges Modell“, urteilen die Marktforscher der Firma Trade Dimensions im Andere seien mit diesem „Produktmix“gescheitert, aber die MüllerDrogerien funktionierten. Mit dem richtigen Gespür konnte sich Müller quasi aus dem Nichts ein Imperium aufbauen.