Moderne Technik statt Robin Hood
DZ-Redakteurin Stephanie Anton versucht sich zum ersten Mal im Bogenschießen. Über Körperspannung, Hampelmänner und die Angst vor dem „Goldfieber“
Einstellung gefunden und die Resultate werden wieder besser. Auch mit 25 Meter Abstand klappt es nun ganz gut und langsam bekomme ich einen Eindruck davon, wie es sein muss, über weitere Distanzen zu schießen. Ich kann Schütz’ Begeisterung für den Sport verstehen, es macht richtig Spaß. Jeglicher Alltagsstress ist vergessen, wenn ich mich voll auf meine Bewegungen und das Ziel konzentriere.
Schütz kam 1999 während seines Urlaubs zum Bogensport. Zurück in Mertingen wurde fleißig trainiert: „Es gab vier bis fünf Aktive hier und wir haben vier, fünf Mal die Woche trainiert. Dementsprechend waren dann unsere Ergebnisse. Wir schossen schließlich in der 2. Bundesliga.“Dort haben die Athleten nicht so viel Zeit, wie ich auf dem Übungsplatz. Drei Mann schießen jeweils zwei Pfeile innerhalb von
Bundesliga Schießen bedeutet richtig Stress
zwei Minuten und das Ganze insgesamt viermal. „Das ist richtig Stress“, betont Schütz. Da mittlerweile die Zeit für häufiges Trainieren fehlt, ist das Team des FCM nicht mehr ganz so hochklassig vertreten. Derzeit geht es in der Bezirksliga an den Start. Zweimal pro Woche wird geübt, das gilt auch für die jungen Bogenschützen. Teure Sportbögen sind für Anfänger aber nicht nötig, sagt Schütz und rechnet vor, dass man sich für rund 200 Euro schon mit Bogen, Pfeilen, Arm- und Fingerschutz sowie Köcher eindecken kann.
Bei meinen letzten Versuchen habe ich den Dreh raus. Ich denke auch nicht mehr viel nach, auch das Loslassen der Sehne fühlt sich nicht mehr sperrig an, wie zuvor, sondern flüssig. Nur muss ich mich zwingen, den Bogen nach dem Abschuss des Pfeils nachzuhalten und nicht sofort nachzusehen, wie ich getroffen habe. „Eine Millisekunde Nachhalten reicht, bis der Pfeil in der Scheibe steckt. Wenn man den Bogen zu schnell fallen lässt, verzieht es den Pfeil, da er nicht sauber von der Sehne geht“, sagt Schütz. Als er mir dann erzählt, es passiere immer wieder, dass ein Schütze einen Pfeil auf der Zielscheibe mit einem Schuss spaltet, mogelt sich doch noch ein Gedanke an Robin Hood in meinen Kopf.
Am Ende schaffe ich sogar ein recht ansehnliches Trefferbild, fünf Pfeile stecken im Gold. Nun bloß kein „Goldfieber“bekommen. Das packt einen Schützen schon mal, wenn er auch den sechsten Pfeil unbedingt in die Zielmitte bringen will und nervös wird. Doch auch der letzte Pfeil sitzt und mein Trainer zeigt sich sehr zufrieden mit meiner Leistung. Euphorisch und überraschend entspannt beende ich meine erste Einheit im Bogenschießen. Am nächsten Tag hätte ich große Lust, gleich eine zweite anzuhängen. Wenn da der Wahnsinns-Muskelkater nicht wäre...