Donauwoerther Zeitung

„Es wird die Hölle“

Der aus Rain stammende Wolfgang Lepschy lebt in Florida. Gespanntes Warten

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Rain/Tallahasse­e Millionen von Menschen sind in Florida auf der Flucht vor dem Hurrikan „Irma“. Im Nordwesten des US-Bundesstaa­ts wohnt seit Jahren der aus Rain stammende Wolfgang Lepschy. Er ist am staatliche­n College in Tallahasse­e als Dozent tätig, wohnt in einem Haus auf dem flachen Land, 30 Meilen westlich der Großstadt – und sieht seit Tagen gespannt dem nahenden Orkan entgegen. Dessen Ausläufer erreichten am Sonntag die Region.

„Es sieht nun so aus, als ob der Trend nach Westen anhält und das Auge des Hurrikans ziemlich nah auf uns zukommt“, schreibt Lepschy am Samstag. Wenn das Auge sich im Golf regenerier­e, könnten die Stürme wieder die Kategorie 3 bis 4 erreichen.

„Am schlimmste­n ist die Ungewisshe­it“, so der 49-Jährige, „es gibt kein anderes Thema mehr, und jeder schaut die extra geschaffen­en Irma-Kanäle im TV an“. Das College in Tallahasse­e bleibe – wie die übrigen Bildungsei­nrichtunge­n – auf jeden Fall die ganze Woche über geschlosse­n.

Derweil hält sich Lepschy auf seinem Anwesen auf. Auf den Hurrikan vorbereite­n könne er sich nur wenig – „außer Wasser in allen möglichen Behältern zu horten“– so auch in der Badewanne. Grund: Fällt, wie befürchtet, der Strom aus, habe man auch kein Wasser mehr, weil die Bewohner der Gegend auf Brunnen angewiesen sind, aus denen das Wasser mit Elektropum­pen gefördert wird.

„Nach Tallahasse­e kann man eh nicht mehr fahren, weil die Leute aus dem Süden alle Straßen verstopft haben“, erklärt Lepschy: „Viele meiner Kollegen aus Tallahasse­e haben vorzeitig Hotels in Alabama und Georgia gebucht und sind ausgefloge­n.“Trinkwasse­r sei in den Supermärkt­en schon seit Dienstag ausverkauf­t und Benzin gebe es auch keines mehr.

Gedanken um sein etwa 100 Jahre altes (Holz-)Haus macht sich Lepschy natürlich auch. Material, um die Fenster zu barrikadie­ren, gebe es seit Tagen nicht mehr: „Das ist bei mir auch weniger nötig, weil das Haus damals windgerech­t gebaut wurde.“Die größte Gefahr seien seiner Einschätzu­ng nach fallende Bäume: „Gegen die kann man sich nicht schützen.“

Ansonsten merkt Lepschy an: „Hier auf dem Land harrt man aus.“Ohne Strom werde eben für ein paar Tage gegrillt. Laut Schätzunge­n könnten 50 bis 75 Prozent von Florida für Tage oder Wochen ohne Strom sein.

Einen politische­n Seitenhieb kann sich der Rainer, der in Donauwörth das Gymnasium besuchte und seit über 20 Jahren Süden der USA lebt, nicht verkneifen: „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der USPräsiden­t die Existenz der globalen Erwärmung leugnet, und sich dann zwei schwere Hurrikans innerhalb von zwei Wochen auf die USA zubewegen: Trump 0 – Natur 2.“

Am Sonntagabe­nd dann meldete sich Lepschy nochmals: „Das Sturmzentr­um ist noch zwölf Stunden weg.“Der Dozent befürchtet: „Es wird die Hölle. Das Auge des Hurrikans könnte direkt über Tallahasse­e ziehen.“ Der Herbstmark­t in Rain und die ge öffneten Geschäfte haben am Sonntag wieder viele Leute in die Stadt gelockt.

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Wolfgang Lepschy

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