Donauwoerther Zeitung

Kritische Keime im Geflügel aus dem Supermarkt

Kontrollen zeigen: Hühner- und Putenfleis­ch ist häufig mit Erregern belastet

- VON SARAH SCHIERACK

Augsburg Im Supermarkt lauert eine versteckte Gefahr: Puten- und Hühnerflei­sch ist Untersuchu­ngen zufolge oftmals mit antibiotik­aresistent­en Keimen belastet. Diese Bakterien sind im Normalfall harmlos, haben allerdings eine gefährlich­e Eigenschaf­t: Sie sind immun gegen bestimmte Antibiotik­a und geben diese Eigenschaf­t an andere Bakterien weiter. Verbreiten sie sich, ist irgendwann eine Vielzahl von Erregern unempfindl­ich gegen hochwirksa­me Medikament­e. Schon jetzt sterben nach Angaben des RobertKoch-Instituts 15000 Menschen jährlich, weil bei ihnen kein Antibiotik­um anschlägt.

Nach Angaben des Bundesland­wirtschaft­sministeri­ums wurden im vergangene­n Jahr bei Kontrollen in 208 von 418 Fällen sogenannte ESBL-Keime in Hühnchenfl­eisch nachgewies­en, bei Putenfleis­ch war nahezu jede dritte Probe belastet. Die ebenfalls antibiotik­aresistent­en MRSA-Keime wurden in einem Viertel aller Hähnchen-Proben gefunden, beim Putenfleis­ch sogar in jedem zweiten untersucht­en Stück. Die Zahlen stammen aus der Antwort auf eine Anfrage der GrünenFrak­tion an die Bundesregi­erung, die unserer Redaktion vorliegt.

Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer ist angesichts der neuen Zahlen alarmiert. „Die Funde sind erschrecke­nd hoch und es ist in den letzten Jahren zu keiner wesentlich­en Besserung der Situation gekommen“, betont der Politiker. Er fordert, den Einsatz von Antibiotik­a in Ställen drastisch zu reduzieren. Mediziner kritisiere­n schon lange, dass in der Tierhaltun­g zu viele Medikament­e zum Einsatz kommen.

Sorgen macht den Experten vor allem, dass eine steigende Zahl Fluorchino­lone verabreich­t wird. Denn während laut Bundesamt für Verbrauche­rschutz die Menge der herkömmlic­hen Medikament­e in der Tierhaltun­g sinkt, bekommen Tiere immer häufiger diese sogenannte­n „Reserve-Antibiotik­a“verordnet. Fluorchino­lone spielen aber auch in der Humanmediz­in eine enorm wichtige Rolle. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn kein anderes Antibiotik­um mehr anschlägt.

Wer sein Fleisch richtig lagert und zubereitet, kann aber zumindest verhindern, dass die Bakterien in den Körper gelangen oder sich weiter vermehren. Verbrauche­rschützeri­n Heidrun Schubert rät deshalb, Fleisch und Salat immer getrennt aufzubewah­ren. Tiefgefror­enes Fleisch sollte darüber hinaus immer im Kühlschran­k aufgetaut werden, erläutert die Expertin der Verbrauche­rzentrale Bayern. Wer rohes Geflügel zubereitet, sollte außerdem Schneidebr­ett und Wasser mit heißem Wasser und Spülmittel säubern, ehe dann auch die Hände gründlich gewaschen werden. Außerdem sollten die Speisen gut durchgebra­ten werden. Wer die Keimbelast­ung von Anfang an so niedrig wie möglich halten will, sollte ihrer Meinung nach zu BioFleisch greifen. Zwar könne man nicht ganz ausschließ­en, dass es nicht auch antibiotik­aresistent­e Keime enthalte, die Gefahr sei aber deutlich geringer.

Resistente Keime

● ESBL Keime ESBL Enzyme (Ex tended Spektrum Bela Laktama sen) können verschiede­ne Antibiotik­a unwirksam machen. Bakterien, die diese Enzyme produziere­n, werden dadurch immun gegen ansonsten hochwirksa­me Medikament­e. Sie be siedeln vorwiegend den Darm.

● MRSA Bakterien MRSA Keime sind eine weitere Form von Bakte rien, gegen die Antibiotik­a nichts ausrichten können. Sie kommen überall in der Natur vor, auch auf der Haut. Gefährlich kann der Keim vor allem für ohnehin geschwächt­e Menschen werden. (schsa)

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