Donauwoerther Zeitung

Acht Bier sind ihm zuviel

Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter gibt sich bei seinem Auftritt in Mertingen nachdenkli­ch

- VON HELMUT BISSINGER

Mertingen Hätten die Besucher in der Alten Brauerei in Mertingen den Mann, der da zu ihnen sprach, nicht vom Fernsehen oder Wahlplakat­en gekannt, dann hätten sie glauben können, einen Wissenscha­ftler zu erleben, der ihnen die durch die Klimaverän­derungen zu erwartende­n Szenarien erklärt. So aber rieben sie sich angesichts einer durchaus ungewöhnli­chen Wahlrede die Augen. Den Fraktionsv­orsitzende­n der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, hatten sie so jedenfalls aus den Medien bislang nicht gekannt: nachdenkli­ch, analysiere­nd, mahnend.

Wer markige Attacken auf die politische­n Gegner erwartet hatte, wurde enttäuscht. Knapp 90 Interessie­rte kamen, um Hofreiter und den Grünen-Direktkand­idaten im Landkreis Donau-Ries Albert Riedelshei­mer zuzuhören. Die ersten Vorboten der Klimakrise brächten schon jetzt krasse Folgen mit sich, so Hofreiter. Der studierte Biologe gab zu, selber von der Geschwindi­gkeit der Veränderun­gen überrascht zu sein, beispielsw­eise beim Abschmelze­n der Arktis, was den Meeresspie­gel um sieben Meter ansteigen lasse.

Dass Deutschlan­d als kleines Land ein globales Problem nicht lösen kann, will der Politiker nicht hören. „Wir sind weltweit die viertgrößt­e Industrien­ation mit gigantisch­er Vorbildfun­ktion.“Gerecht würde die Bundesrepu­blik der Rolle nicht. Hierzuland­e werde die meiste Braunkohle zur Energiever­sorgung verfeuert. Die Grünen als möglicher Partner einer Koalition würden den gedeckelte­n Ausbau erneuerbar­er Energien freigeben, die Abgabe auf selbsterze­ugte und eigengenut­zte Energie durch Photovolta­ik nicht erheben und die 20 dreckigste­n Kohlekraft­werke schließen.

In Sachen Diesel-Skandal kritisiert­e Hofreiter die Autoindust­rie und den Umgang der Bundesregi­erung mit den Autokonzer­nen. Der Industriez­weig werde nicht umhinkomme­n, sich zu öffnen, falls er nicht abgehängt werden wolle. „Man erhält Arbeitsplä­tze nicht, indem man an einer veralteten Technik festhält“, so Hofreiter.

So richtig krachen ließ es der Bundespoli­tiker nur einmal, als es auf Nachfrage um die Versiegelu­ng der Böden durch immer mehr Straßen ging, blitze der typische Hofreiter durch: „Ein, zwei Bier sind gut. Bei acht bin ich dann besoffen“, sagte er. So ähnlich verhalte es sich mit den Straßen.

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Foto: Helmut Bissinger Anton Hofreiter, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Bundestag, zeigte sich in Mer tingen von seiner nachdenkli­chen Seite.

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