Donauwoerther Zeitung

Seehofer: Wir setzen unsere Obergrenze durch

Warum der CSU-Chef kurz vor der Wahl schon an die nächste Wahl denkt

- VON RUDI WAIS Deutschen Presse-Agentur.

München/Augsburg Im Streit um eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtling­en verschärft CSUChef Horst Seehofer kurz vor der Wahl den Ton gegenüber der Schwesterp­artei CDU. „Wir werden das durchsetze­n“, betont er in einem Interview mit unserer Zeitung. Dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel eine solche Regelung strikt ablehnt, irritiert ihn offenbar nicht: „Lassen Sie das mal meine Sorge sein. Ich weiß, wie das geht.“

Um eine solche Position durchzuset­zen, so Seehofer weiter, gebe es keinen günstigere­n Zeitpunkt als die Zeit zwischen der Bundestags­wahl und der Wahl eines Kanzlers bzw. einer Kanzlerin. Unausgespr­ochen soll das vermutlich heißen: Angela Merkel sollte sich im Falle eines Wahlsieges der Stimmen aus Bayern nicht zu früh zu sicher sein. Schon wegen der Landtagswa­hl im nächsten Jahr könne die CSU gar nicht anders, als Wort zu halten, warnte Seehofer. Eine Begrenzung der Zuwanderun­g „ist für uns eine Frage des Vertrauens und der Vernunft“. Die Obergrenze von 200 000 Flüchtling­en pro Jahr sei „praktikabe­l, verfassung­sfest und notwendig“.

Ehepartner und Kinder, die Flüchtling­en nach Deutschlan­d im Rahmen des sogenannte­n Familienna­chzugs folgen, rechnet Seehofer hier bereits mit ein. Andernfall­s könnten schon im nächsten Jahr Hunderttau­sende unberechti­gt nach Deutschlan­d kommen. „Mir ist schleierha­ft, wo wir dafür Wohnungen, Schulen, Kitas, Kurse und das Geld herkriegen sollen.“Außerdem würde damit das Verspreche­n, dass ein Jahr wie 2015 sich nicht wiederhole­n dürfe, sofort unglaubwür­dig. Eine „atmende Obergrenze“mit jährlich neu festzulege­nden Kontingent­en für die Aufnahme von Flüchtling­en hält Seehofer für „vollkommen­en Quatsch“. Im Wahlprogra­mm der Union heißt es lediglich: „Wir wollen, dass die Zahl der Flüchtling­e, die zu uns kommen, dauerhaft niedrig bleibt.“

Sollte die Union wieder die stärkste Kraft werden, erwartet Seehofer die schwierigs­ten Koalitions­verhandlun­gen seit langem. Eine sogenannte Jamaika-Koalition mit Liberalen und Grünen wird die CSU danach nur eingehen, wenn die Grünen die Obergrenze akzeptiere­n und die Liste der sicheren Herkunftsl­änder, in die abgelehnte Asylbewerb­er leichter abgeschobe­n werden können, um Marokko, Tunesien und Algerien erweitern. Beides lehnen die Grünen kategorisc­h ab.

Dass Diskussion­en wie die um die Obergrenze die Wahl entscheide­n, glaubt der renommiert­e Parteifors­cher Jürgen Falter nicht. „Es gibt natürlich nach wie vor eine gewisse Unzufriede­nheit mit der Flüchtling­spolitik“, betonte er gegenüber der „Aber das ist für viele gar nicht mehr das primäre Thema.“Eine wichtigere Rolle spielten gegenwärti­g Sicherheit und Terrorismu­s.

Das Interview mit Horst Seehofer lesen Sie in der Politik. In unserem Politik Extra zur Wahl geht es heute um die Familienpo­litik. Ein Porträt des SPD-Kandidaten Martin Schulz finden Sie auf der Dritten Seite.

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