Donauwoerther Zeitung

Die Grenzen der Harmonie

In der Familienpo­litik gab es zwischen Union und SPD viele Konflikte. Manches Projekt scheiterte

- VON BERNHARD JUNGINGER

Verspreche­n, die Familien das Leben leichter machen sollen, haben in Wahlkampfz­eiten Konjunktur. Das war vor vier Jahren so und ist heute nicht anders. Als sich Union und SPD 2013 auf ihren Koalitions­vertrag einigten, mussten teils sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen unter einen Hut gebracht werden. Obwohl sich die sozialdemo­kratische Familienmi­nisterin Manuela Schwesig schwungvol­l ans Werk machte, konnte sie viele, aber längst nicht alle Vereinbaru­ngen umsetzen.

Schwesig ist inzwischen als Ministerpr­äsidentin nach Mecklenbur­g-Vorpommern gewechselt und von Katarina Barley (SPD) abgelöst worden. Unter Schwesigs Verantwort­ung investiert­e die Bundesregi­erung kräftig in den Kita-Ausbau, trotzdem fehlen laut Studien noch rund 300 000 Plätze. Das Elterngeld Plus sorgt dafür, dass Eltern heute bis zu 32 Monate lang ihre Arbeitszei­t zum Zweck der Kinderbetr­euung verkürzen können. Zudem wurden steuerlich­e Entlastung­en und ein verbessert­er Unterhalts­vorschuss für Alleinerzi­ehende eingeführt. Nicht zustande kam eine Reform des Jugendschu­tzes, die Schwesig vorantrieb. Das Gesetz sollte etwa den Gefahren für Kinder durch neue Medien besser begegnen, doch es scheiterte am Widerstand aus einigen Bundesländ­ern.

Manuela Schwesig wollte zudem erreichen, dass Väter und Mütter gleicherma­ßen bestimmte Zeiten frei nehmen oder ihre Arbeitszei­t reduzieren können, um Kinder zu betreuen oder Angehörige zu pflegen. Die Union sperrte sich, die SPD nimmt das Thema nun im Wahlkampf auf.

Auch Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles konnte nicht alle Vorhaben durchdrück­en, mit denen sie die Vereinbark­eit von Familie und Beruf verbessern wollte. Obwohl im Koalitions­vertrag verankert, scheiterte das von ihrer SPD geforderte Rückkehrre­cht von Teilzeit auf Vollzeit nach familienbe­dingter Reduzierun­g der Arbeitszei­t. Das Lohngerech­tigkeitsge­setz wurde in abgeschwäc­hter Form beschlosse­n: Beschäftig­te in Firmen mit mehr als 200 Mitarbeite­rn haben künftig einen Anspruch auf Informatio­nen über die Lohnstrukt­ur im Betrieb. Das soll dazu führen, dass Frauen für gleiche Arbeit gleichen Lohn bekommen wie die männlichen Kollegen. Kritiker bemängeln, dass viele Frauen, die in kleineren Betrieben arbeiten, davon nicht profitiere­n.

Völlig unerwartet kam es zum Ende der Legislatur­periode dann noch zu einem Paukenschl­ag, der das traditione­lle Familienbi­ld massiv verändert: Der Bundestag beschloss die „Ehe für alle“. Jahrelang hatte das Thema für erbitterte­n Streit gesorgt. Viele Politiker, gerade aus der Union, stellten sich gegen die völlige rechtliche Gleichstel­lung homosexuel­ler Paare. Zumindest verklausul­iert stand die Forderung sogar im Koalitions­vertrag, doch mit einer Umsetzung hatte niemand gerechnet. Dann zeigte sich CDUKanzler­in Angela Merkel bei einer Veranstalt­ung für das Thema prinzipiel­l offen und machte damit den Weg zu einer Abstimmung ohne Fraktionsz­wang frei. Ab 1. Oktober können homosexuel­le Paare nun heiraten. Und anders als in den bisherigen eingetrage­nen Lebenspart­nerschafte­n dürfen sie künftig gemeinsam Kinder adoptieren.

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Foto: Kappeler, dpa SPD Familienmi­nisterin Katarina Barley mit Vorgängeri­n Manuela Schwesig bei der Amtsüberga­be: Längst nicht alle Vereinbaru­ngen umgesetzt.

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