Donauwoerther Zeitung

Schwarzgel­d im Kleinwalse­rtal?

Die Ermittlung­en gegen die Sparkasse Allgäu schlagen auf den Landtag durch. Politisch geraten dabei die CSU-Leute Ulrich Netzer und Thomas Kreuzer ins Visier

- VON ULI BACHMEIER

München Erst eröffnete die Staatsanwa­ltschaft in Münster ein Verfahren, dann begann die Staatsanwa­ltschaft Augsburg aktiv zu ermitteln, jetzt wird die Sparkasse Allgäu wegen möglicher Schwarzgel­dkonten bei ihrer ehemaligen Filiale im österreich­ischen Kleinwalse­rtal auch noch ein Fall für den Landtag. Die Allgäuer Grünen-Abgeordnet­en Thomas Gehring und Uli Leiner und ihr Regensburg­er Kollege Jürgen Mistol wollen von der Staatsregi­erung unter anderem wissen, ob der Verwaltung­srat der Sparkasse Allgäu „seine Aufgabe zur Kontrolle ausreichen­d wahrgenomm­en hat“. Der politische Hintergrun­d: Dem Gremium gehörten im fraglichen Zeitraum auch der Präsident des Sparkassen­verbandes Bayern, Ulrich Netzer, und der Chef der CSUFraktio­n im Landtag, Thomas Kreuzer, an.

Die Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Augsburg richten sich nicht gegen Mitglieder des Verwaltung­srats, sondern gegen „verantwort­lich Handelnde“in der Bank, also gegen einzelne Mitarbeite­r und Vorstände. Es besteht der Verdacht, dass sie Kunden der Sparkasse geholfen haben, Steuern zu hinterzieh­en. Aus diesem Grund wurden bereits im Frühjahr Geschäftsr­äume durchsucht und mögliches Beweismate­rial beschlagna­hmt. Ergebnisse gibt es noch nicht, heißt es bei der Strafverfo­lgungsbehö­rde in Augsburg. Die Staatsanwa­ltschaft in Münster macht, wie berichtet, keine Angaben zu ihrem Verfahren. Sie verweist auf das Steuergehe­imnis.

Die Anfrage der Grünen zielt dagegen auf die Kontrolleu­re der

Bank, also Ver- waltungsra­t und Sparkassen­aufsicht: Was war der Zweck der Filiale im Kleinwalse­rtal? Wo lag ihr geschäftli­cher Schwerpunk­t? Und vor allem: Hätte den Kontrolleu­ren und Aufsehern bewusst sein müssen, dass die Filiale in Riezlern „von Kunden zur Steuerverm­eidung in Deutschlan­d benutzt wurde“?

Tatsächlic­h befasst war der Verwaltung­srat der Sparkasse Allgäu nach Informatio­nen unserer Zeitung mit einem komplizier­ten juristisch­en Problem. Es ging um die Frage, ob in Erbschafts­fällen bestimmte Kontodaten dem deutschen Fiskus gemeldet werden können. Die Sparkasse Allgäu ist dazu nach deutschem Recht wie alle anderen Banken in Deutschlan­d seit 2006 verpflicht­et. Den Mitarbeite­rn der Filiale im Kleinwalse­rtal aber war dies nach österreich­ischem Recht verboten. Sie hätten sich strafbar gemacht. Andere deutsche Banken umgehen dieses Problem in Österreich bis heute, indem sie österreich­ische Tochterunt­ernehmen gründen. Die Geschäftss­telle der Sparkasse Allgäu in Riezlern im Kleinwalse­rtal aber wurde seit rund 80 Jahren schon als Filiale geführt und unterlag somit deutschem wie österreich­ischem Recht.

Um aus dieser Zwickmühle herauszuko­mmen, versuchte der Verwaltung­srat der Sparkasse Allgäu, eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng herbeizufü­hren. Die Sache ging bis zum Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH). Doch auch dieser Richterspr­uch löste das Problem offenbar nicht. Laut EuGH sei klar, dass eine deutsche Sparkasse entspreche­nd deutschem Gesetz die Kontodaten melden muss. Die Kollision mit österreich­ischem Recht aber bleibe bestehen. Deshalb, und

„Ich bin der Überzeugun­g, dass der Verwaltung­srat alles ordnungsge­mäß erledigt hat.“

Thomas Kreuzer, CSU

angeblich auch aus wirtschaft­lichen Gründen, habe der Verwaltung­srat entschiede­n, die Filiale im Kleinwalse­rtal zu schließen. Wegen der Vorgänge in den Jahren zuvor ermitteln die Staatsanwa­ltschaften.

CSU-Fraktionsc­hef Kreuzer und Sparkassen­präsident Netzer wollten sich wegen der laufenden Ermittlung­en nicht äußern. Kreuzer versichert­e aber: „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass der Verwaltung­srat die Angelegenh­eit ordnungsge­mäß erledigt hat.“Die Grünen warten auf die Antwort der Staatsregi­erung.

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Ulrich Netzer
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Thomas Kreuzer

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