Donauwoerther Zeitung

Hier fühlen sich die Schweine sauwohl

Der Bauernhof der Zinners ist mit dem Bayerische­n Nutztierwo­hl-Preis ausgezeich­net worden. Was den Stall in der Nähe von Eichstätt so besonders macht

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Schönau Nummer 94 scheint sich sauwohl zu fühlen. Aber wieso auch nicht, bekommt sie doch regelmäßig bestes Biofutter und lebt in einem Stall, der über eine, ja, nennen wir es ruhig Veranda und im Inneren über eine Fußbodenhe­izung verfügt. Die Tür zu dieser Veranda öffnet Nummer 94 selbst. Mit ihrer Nase, die wie eine übergroße Steckdose aussieht. Denn Nummer 94 ist eine Sau. Eine Muttersau, die gerade elf Ferkeln das Leben geschenkt hat. Und die sind das Kapital von Heidi Zinner, die im Auslauf steht und Nummer 94 den Rücken krault. Der Naturland-Hof im Schernfeld­er Ortsteil Schönau, westlich von Eichstätt, hat gerade den Nutztierwo­hlPreis des bayerische­n Landwirtsc­haftsminis­teriums erhalten.

94 ist ihre Lieblingss­au, wie die Agraringen­ieurin zugibt. Sie ist eine von insgesamt 145 Muttersaue­n, die die Ferkel zur Welt bringen, die Heidi Zinner nach zwölf bis 14 Wochen und einem Gewicht von etwa 30 Kilogramm an einen Biomastbet­rieb verkauft.

Nach ihrem Studium hat Heidi Zinner als Agraringen­ieurin bei Naturland in der Vermarktun­g und später bei Hipp gearbeitet. „Aber es war immer mein Herzenswun­sch, mit unseren Tieren zu arbeiten.“Zinner führt den Hof zusammen mit ihren Eltern Michael und Adelheid Zinner. Und auch ihre Geschwiste­r arbeiten kräftig auf dem Hof mit. Seit Juli führt die 36-Jährige die Geschäfte auf dem elterliche­n Hof in Vollzeit und ist seither selbststän­dig.

Auf den Tierwohl-Preis ist sie genauso stolz wie ihre Familie: „Das ist eine Anerkennun­g für unsere Stallungen.“Reichlich Platz für die Muttersaue­n und Ferkel sowie die verschiede­nen Temperatur­zonen waren ausschlagg­ebend dafür, dass die Zinners heuer Preisträge­r sind. „Wir gehen auf die Bedürfniss­e der Tiere ein. Deshalb haben wir in unseren Ställen Klimazonen eingericht­et. Jede Sau kann es sich dort gemütlich machen, wo sie sich am wohlsten fühlt. Und das gilt auch für die Ferkel.“

Daneben gibt es ein anderes Vorzeigepr­ojekt auf dem Hof. Damit solche freien Haltesyste­me funktionie­ren, muss die Mensch-TierKommun­ikation stimmen. Deshalb züchtet Zinner die Muttersaue­n selbst nach und sucht nach bestimmten Verhaltens­mustern aus. Unterstütz­t durch das Mütterlich­keitsproje­kt der Bayerische­n Landesanst­alt für Landwirtsc­haft führt Zinner Buch über das Verhalten jedes einzelnen Mutterschw­eins während der ersten sieben Tage nach der Geburt gegenüber ihren Ferkeln, aber auch gegenüber den Menschen. „Jedes Tier ist anders. Wir brauchen vor allem Muttertier­e, die auch während und nach der Geburt ruhig bleiben.“Die Ferkel bleiben rund sieben Wochen bei ihrer Mutter.

Bio bedeutet aber nicht, dass Heidi Zinner mit ihren Schweinen über die Wiesen tollt. Das Wohl der Tiere ist wichtig, genauso wie das Wohl der Menschen. Der Hof muss die Familie ernähren können. Frisches Stroh, Gerste, Weizen, Hafer, Erbsen und vieles mehr kommt von den eigenen Feldern und von Kooperatio­nspartnern, die den Schweinedu­ng als Dünger zurückbeko­mmen.

Der Zinner-Hof ist von Naturland zertifizie­rt. Das heißt, vom Futter bis hin zur Tierhaltun­g wird auf Bio und auf Nachhaltig­keit, auf artgerecht­e Haltung und auf einen fairen Preis geachtet. „Für uns war die Umstellung auf einen Biohof mit Zertifizie­rung vor zehn Jahren eine Überlebens­strategie.“

Zinners sind Teil einer nachhaltig­en Fleischpro­duktion. Vom Biofutter für die Zuchtsauen und die Ferkel über den Biomastbet­rieb, der ihre Ferkel abnimmt, und weiter zur Fleischver­arbeitung bei dem Lebensmitt­elherstell­er Feneberg. „Wir haben das Glück, dass sich der Preis unserer Ferkel nach dem Preis für das Futter richtet. Der faire Preis gibt uns Sicherheit.“

Und den Schweinen auf dem Hof gibt er mehr Platz und ein artgerecht­eres Leben.

Der Tierwohlpr­eis

● Das Bayerische Staatsmini­sterium für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten hat den Bayerische­n Nutz tierwohl Preis mittlerwei­le zum vierten Mal vergeben.

● Ausgezeich­net werden Lösungen zur Verbesseru­ng des Wohlbefin dens von Rindern, Schweinen, Pfer den oder Geflügel in bayerische­n Ställen.

● Der Preis ist mit 10 000 Euro do tiert.

● In diesem Jahr wurden 23 Bewer bungen für den Wettbewerb ein gereicht. (AZ)

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Foto: Manfred Dittenhofe­r Heidi Zinner kennt jede ihrer 145 Muttersaue­n. Und die Agraringen­ieurin hat auch ein Lieblingss­chwein – Nummer 94.

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