Donauwoerther Zeitung

Es ist zum Verzweidel­n!

- VON DANIEL WIRSCHING

Über den Wahlkampf Auch dieser Bundestags­wahlkampf ist wieder mehr Krampf als Kampf. Was sich schon daran zeigt, dass intensiver über die Moderation eines „TVDuells“diskutiert wurde als über (Wahlkampf-)Themen wie Bildung, Pflege oder Digitalisi­erung. Oder dass die AfD-Spitzenkan­didatin Alice Weidel für Aufmerksam­keit sorgte, weil sie aus der ZDF-Wahlsendun­g „Wie geht’s, Deutschlan­d?“flüchtete (unser Bild) oder ein Interview mit der Tageszeitu­ng

Oberhessis­che Presse abbrach. Talksendun­gen vorzeitig zu verlassen, scheint im Trend zu liegen – siehe Wolfgang Bosbach (CDU). Ein Skandal? Ach! „TalkshowEk­lats waren früher auch spektakulä­rer ...“, schrieb der BR in einem Facebook-Beitrag samt zweiminüti­gem Video, in dem er die schönsten Eklats aus seinem Archiv hervorholt­e. Wie sie einst stritten, Kohl und Brandt! Das war in jedem Fall spektakulä­rer, als Weidels einminütig­es „Interview“mit den Zeitungsko­llegen aus Hessen.

Die jedoch gingen damit und mit Weidels anschließe­nden Vorwürfen vorbildlic­h um. Indem sie Transparen­z schufen. Weidel nämlich sagte bei einer Wahlverans­taltung: „Ich hatte auch gerade ein lustiges Interview, das ich gleich nach zwei Fragen abbrechen musste, weil die Fragen so blöd gewesen sind.“Wirklich? Hintergrün­de und das „Interview“im Wortlaut unter www.op-marburg.de (unter „Suche“„Weidel“eingeben, der Artikel heißt: „Das sind mir zu unqualifiz­ierte Fragen“). Überall Weidel. Sogar in diesem Moment, in dem ich diese Zeilen in mein Smartphone tippe. Und die Autokorrek­tur mysteriöse­rweise aus dem Wort „Verzweifel­n“stets „Verzweidel­n“ macht: „Verz-weidel-n“! Immer, wenn es schier zum Verzweifel­n ist, wollte ich schreiben, hilft Kabarettis­t Gerhard Polt.

Denn der hat sich in „dieses Internetz“gewagt, um es fortan mit seinen Kommentare­n zu beglücken. „Jetzt is soweit! Schon ein rechtes Gfrett bis man drin ist im Netz, da hats der Marder ja vergleichs­weise einfach, aber wenn man amal drin is, is ma auch drin – wie der Marder“, erklärt er auf seiner Internetse­ite. Im ersten Video seiner Webserie „Auhwehzwic­k 2.0“geht es um „Relative Bagatellen“. Sehen Sie es sich selbst an – unter www.polt.de.

Mehr Polt wagen in Wahlkampfz­eiten, sage ich da. Und frage mich nach wie vor, warum das ZDF seinen Kurz-Polit-Talk mit Maybrit Illner „illner intensiv“nannte. Klingt wie eine Gesichts-Creme. Weidel übrigens sagte einen Auftritt bei „illner intensiv“kurzfristi­g ab. Hatte nicht die AfD im Juli erwogen, sich in Talkshows von ARD und ZDF einzuklage­n? Ach! Mehr noch treibt mich die Frage um, was nach „illner intensiv“kommen könnte: „maischberg­er mondän“? „lanz laktosefre­i“? Egal.

Bis zum Wahltag am 24. September schaue ich mein Lieblingsp­rogramm „Parteien zur Bundestags­wahl“. Gerne den Spot der jungen Partei „Die Grauen – Für alle Generation­en“. Der wirkt in seiner Bildschirm­schonerhaf­tigkeit wohltuend beruhigend. Man darf nur nicht zu lange hinsehen, sonst hat er etwas Hypnotisie­rendes. Ein Fall für Polt.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany