Wie dribbelt man auf Rädern?
Bei seiner ersten Einheit im Rollstuhlbasketball ist DZ-Mitarbeiter Fabian Kapfer auf der Suche nach dem Gleichgewicht und staunt über bemerkenswerte Kinder
Donauwörth Ich lehne mich beim Wurf zurück und schon liege ich am Boden, samt Sportgerät, in dem ich kurz davor noch durch die Halle gefahren bin. Rollstuhlbasketball ist wahrscheinlich nicht die bekannteste Sportart und genau deswegen will ich es ausprobieren, auch wenn ich mir zu Beginn relativ unsicher bin, was mich erwartet.
Klar, einen Korbleger werde ich im Rollstuhl wohl nicht zustande bringen und den Schwung, den ich bei einem kurzen Sprint für meinen Wurf auf den Korb mitnehme, habe ich im Rollstuhl auch nicht, denke ich mir. Der Kinder- und Jugendtag, der von den Donauwörther Pandas veranstaltet wird, bietet den richtigen Rahmen für mich, diese Sportart kennenzulernen. Betreut wird diese von Klaus Berger, der früher in der Bundesliga aktiv war und mich gleich freundlich begrüßt. Ich bekomme gleich einen Rollstuhl, um mich mit diesem vertraut zu machen. Meine ersten Meter damit sind ungewohnt, gerade das Lenken mit den beiden Rädern und wie ich meinen Rollstuhl drehe, muss ich zu Beginn für mich herausfinden. Geradeaus ist es kein Problem, aber für das Links- und Rechtsfahren brauche ich etwas Zeit.
Ich steige gleich mit ein in die erste Übung, bei der ich den Basketball zugeworfen bekomme und ihn auf die andere Seite dribbeln muss, um ihn dort wieder weiterzugeben. In Ruhe und sehr genau erklärt Berger der Gruppe, was wir zu tun haben. Er hat viel Geduld, da bei den meisten nicht alles sofort klappt. Ich darf den Ball auf meinen Schoß legen und zweimal anschieben, bevor ich entweder dribbeln muss oder den Ball abpasse. Die ersten drei bis vier Durchgänge muss ich ständig überlegen, muss mich, mit dem Kopf nach vorne gerichtet, in den Rollstuhl setzen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, die Füße nach unten drücken, um stabil zu sitzen und den Ball auf meinen Oberschenkeln so platzieren, das er nicht hinunterfällt, während ich mein Sportgerät schwungvoll anschiebe.
Die nächste Übung ist eine Wurfübung. Ich fahre auf den Korb zu, bremse ab und werfe von der Arm- bewegung her genauso wie im normalen Basketball auch, nur dass ich meinen Schwung aus dem Oberkörper hole. Dabei muss ich ziemlich aufpassen, denn wenn ich mich nach hinten lehne, kippt mein Rollstuhl um und ich liege wie eine Schildkröte auf dem Rücken, samt Sportgerät – diese Erfahrung werde ich im Verlauf des Nachmittags noch drei-, viermal machen. Nach dem dritten Wurf schaffe ich es dann tatsächlich zu treffen. Aber auch die Kinder, die den Sport zum ersten Mal ausüben, schlagen sich gut.
Nach einer kurzen Pause versuchen wir uns an einem richtigen Spiel. Das dauert nun gut eine Stunde und ich bin gespannt, wie das Spiel laufen wird. Die Regeln sind an die des Basketballs angelehnt, nur ein paar Anpassungen an den Rollstuhl, wie beispielsweise das zweimalige Anschieben, gibt es. Das Spiel beginnt und es läuft wirklich richtig gut.
Ich bemerke aber sofort, dass es noch wichtiger ist, einen genaueren Pass zu spielen als im normalen Basketball. Den berühmten Schritt, den man einem Pass in vielen Ballsportarten noch entgegengeht, gibt es hier ja nicht. Im Gegenteil, ich fahre in meinem Rollstuhl und kann mich nur im Sitzen nach dem Ball strecken, und nach wenigen Minuten passiert es mir als Erstes: Ich lehne mich zurück zu einem Ball, der mir etwas in den Rücken kommt und kippe samt Rollstuhl um. Es ist nahezu unmöglich, da noch gegenzusteuern, diese Erfahrung machen im Laufe des Spiels auch noch einige meiner Mitspieler. Aber dann wird gewartet, gemeinsam gelacht und anschließend wieder weitergespielt.
In einem extra für den Sport angefertigten Rollstuhl ist es einfacher, das Gleichgewicht zu halten. Allerdings gibt es beim Kinder- und Jugendtag der Donauwörther Pandas nur einen davon, den jeder einmal ausprobieren darf. Ansonsten sind wir in normalen Rollstühlen unterwegs, die völlig ausreichen, um einen Eindruck vom Rollstuhlbasketball zu bekommen. Nach einigen Minuten schaffen wir es auch, schöne Spielzüge herauszuspielen, und wer den Ball nicht hat, fährt nach vorne und bietet sich an. Alleingänge sind eher ungewöhnlich, das Spiel baut auf einem guten Zusammenspiel auf.
Mit dabei ist auch der zehnjährige Abraham, der zum zweiten Mal Teilnehmer dieses Jugendtages ist. Er sitzt, abgesehen von Klaus Berger, aufgrund einer Krankheit als einziger Teilnehmer auch abseits des Platzes im Rollstuhl. „Den sieht er aber nicht als Fessel, sondern als Möglichkeit, mit ihm richtig Spaß zu haben“, erklärt mir Berger. Das finde ich sehr bemerkenswert, weil ich nicht sicher bin, ob ich genauso mit einer solchen Situation umgehen könnte. Dass man Rollstuhlbasketball in Wettbewerben auch spielen kann, wenn man keine Behinderung hat, erzählt mir Berger nach unserem Spiel, das jedem sehr viel Spaß bereitet hat. „Vor allem für Sportler wie auch frühere Basketballer oder Volleyballer, die Knieprobleme haben, ist der Sport ideal“, sagt mir der ehemalige Bundesliga-Spieler. Mittlerweile haben die Pandas nur noch eine Mannschaft und zudem mit großen Nachwuchssorgen zu kämpfen.
Der Wille aufzustehen ist während des Spiels gar nicht vorhanden
Ich habe heute nicht nur Spaß gehabt, sondern auch interessante Erfahrungen gesammelt. Schon alleine mit einem Rollstuhl Sport zu machen ist etwas Besonderes, wenngleich es etwas gewöhnungsbedürftig ist, seine Beine überhaupt nicht zu benutzen. Anders, als ich es mir vorgestellt hatte, war der Wille aufzustehen während des Spiels überhaupt nicht vorhanden, man gewöhnt sich wirklich schnell an den Rollstuhl. Es war eine Erfahrung, die zeigt, was es heißt, in einem Rollstuhl zu sitzen.