Keine Bundestagswahl ohne Anna Dußmann
Die Gansheimerin hat immer ihre Stimme abgegeben. Wie sie diesmal wählt und was ihr wichtig ist
Marxheim Gansheim NS-Zeit, Krieg, Gründung der Bundesrepublik, Mauerfall – all das hat Anna Dußmann aus Gansheim miterlebt, darunter auch jede Bundestagswahl. Ob da die Stimmabgabe am Sonntag noch etwas Besonderes ist? Die 97-Jährige lächelt und sagt: „Ach wissen Sie, ich habe schon so viel gewählt in meinem Leben.“
Dennoch sieht es Anna Dußmann als ihre Pflicht, am Wochenende ihre Kreuze zu setzen, denn verpasst hat sie noch keine Wahl: „Ich bekäme Gewissensbisse. Jeder kann wählen, was er will, aber wählen sollte man“, betont sie. Ihr Mann habe immer gesagt: Nur wer seine Stimme abgibt, kann danach schimpfen.
Geprägt hat die Gansheimerin vor allem die Zeit des Nationalsozialismus. Sie arbeitete zwar im Monheimer Krankenhaus und war dadurch von Grußzwängen oder Ähnlichem befreit. Jedoch starben viele ihrer Verwandten im Krieg, deshalb hofft sie, dass sich solche Ereignisse niemals wiederholen. Aus diesem Grund sieht sie kritisch, dass derzeit einige rechte Parolen durch die Gesellschaft schwirren. Die schlimme Vergangenheit hatte auch Einfluss auf das Wahlverhalten der 97-Jährigen: „Ich habe immer eine demokratische Partei gewählt – immer dieselbe.“
Anna Dußmann setzt sich intensiv mit den aktuellen Themen des Wahlkampfes auseinander, hat auch das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Herausforderer Martin Schulz verfolgt. „Ich lese sehr viel Zeitung. Man muss sich informieren, solange man noch ein bisschen Grips hat“, erklärt sie und lacht.
Zu einem viel diskutierten Thema hat die Seniorin eine klare Meinung: „Menschen, die vor Krieg fliehen, brauchen Unterschlupf. Wer hier aber kriminell wird und Straftaten begeht, muss das Land wieder verlassen.“
Ein Thema, das Anna Dußmann ebenfalls umtreibt, ist die Pflege. Sie habe Glück, da sich ihre Familie um sie kümmert, betont sie. Ihr gehe es vor allem um diejenigen, die niemanden mehr haben, und um das Personal. „Krankenpfleger haben einen schwierigen Beruf. Sie müssten besser bezahlt und entlastet werden. Schließlich werden die Leute immer älter“, sagt die Seniorin und hat einen Lösungsvorschlag parat: Sie plädiert für ein verpflichtendes soziales Jahr für Schulabsolventen. Damit wäre jedem geholfen, ist sich Anna Dußmann sicher.
Am Sonntag stimmt die Gansheimerin per Briefwahl ab, zu beschwerlich sei der Weg zum Wahllokal mittlerweile. Zudem habe sie dadurch daheim Zeit, sich alle Kandidaten durchzulesen und anzuschauen.
Zu einem Tipp, wie die Wahl ausgeht, lässt sich Anna Dußmann allerdings nicht hinreißen. Das Ergebnis sei für sie sowieso zweitrangig: „Man kann es eh nicht jedem Recht machen, man muss genügsam sein. Die Hauptsache aber ist, dass Frieden herrscht.“