Donauwoerther Zeitung

Ein Triathlon für Pferde

Die bayerische Elite trifft sich in Mertingen. Was diese besondere Disziplin auszeichne­t

- VON JÜRGEN ZIEGELMEIR

Mertingen Es war ein Augenblick, der diesen Sport definiert: Die Nebelfelde­r hatten sich zurückgezo­gen und die Sonne schien über das Gelände. Einer der vielen Reiter nahm das Hindernis perfekt, passierte den Wassergrab­en und galoppiert­e dann auf das weitläufig­e Areal zu, wo die Geländeprü­fung bewertet wurde. „Das ist unser Lukas Brummer“, kommentier­te Andrea Kapfer die Szene und erklärte, worauf es beim Vielseitig­keitsreite­n ankommt, das auf der Hagenmühle stattfand. Unter den vielen Gästen waren auch Hans-Peter Schmid, Präsident des Bayerische­n Reit- und Fahrverban­des, und Bezirksvor­sitzender Max Stechele. Der Veranstalt­er, der Reit- und Fahrverein Donauwörth­Mertingen, freuten sich besonders, Vereinsgrü­nder und Ehrenvorsi­tzenden Arnold Sigel mit Frau in Mertingen begrüßen zu dürfen.

Drei Tage traf sich dort die Elite und ermittelte ihre schwäbisch­en und bayerische­n Meister in einem Sport, der Mensch und Pferd alles abverlangt. „Sehen Sie, wie Lukas das Pferd allein durch eine sanfte Drehung seiner Schulter führt?“, fragt Kapfer, die als Vorsitzend­e für den Reit- und Fahrverein Donauwörth-Mertingen verantwort­lich ist. Es sieht alles so leicht aus, als wäre es ein Kinderspie­l. Jedoch verlangt dieser Sport eine Kombinatio­n von Fähigkeite­n, die nötig sind, um die unterschie­dlichen Aufgaben zu bewältigen. Erklären kann das ein Fachmann, der sich schon seit 50 Jahren mit dem Reiten befasst.

Unterschie­dlicher könnten die drei Diszipline­n nicht sein. Da ist zuerst die Dressur. „Wenn keine absolute Harmonie zwischen Mensch und Pferd besteht, funktionie­rt es nicht“, erklärt Heinrich Liegl, Beauftragt­er der Landeskamm­er. Als technische­r Delegierte­r prüft er alles, um einen ordentlich­en Wettkampf zu gewährleis­ten. Ein guter Reiter fühle sein Pferd und das dankt das Tier mit Vertrauen. So ganz anders als die Dressur, für die der Reiter Feinfühlig­keit braucht, um sein Pferd im Takt zu halten, ist der Parcours im Gelände. Hier ist

Ausdauer, Mut und die Fähigkeit zum Galopp gefragt. Glaube ja keiner, dass dafür Gewalt nötig sei.

„Probieren Sie mal, mit Zwang

ein Pferd über einen Wall zu bringen, wenn es nicht sieht, was sich dahinter befindet“, verdeutlic­ht der 79-Jährige. Im Gegensatz dazu stehe

das Springreit­en. Hier helfe keine Grobmotori­k. Wendig müssen die Tiere sein, um die Hinderniss­e zu überspring­en, zwischen denen nur kurze Abstände sind. Daraus leitet sich das Wort Vielseitig­keit ab. Jeder Reiter absolviert mit seinem Pferd alle drei Diszipline­n. Erfolgreic­h ist nur, wer viel Erfahrung und jahrelange­s Training mitbringt. Gute Reiter wenden Methoden an, die sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n weiterentw­ickelt haben – Intervallt­raining zum Beispiel. „Vor Jahren haben wir das von Bodybuilde­rn aus den USA übernommen“, weiß Liegl. Von denen hätten sie gelernt, dass Muskeln besser aufbauen, wenn sich Belastung und Regenerati­on optimal aufeinande­r abstimmen. Ähnlich verhalte es sich im Triathlon. Doch wie kommt es, dass sich gerade in Mertingen die bayerische Elite trifft und ihr Können zeigt? „Weil bei uns ideale Bedingunge­n herrschen“, sagt Kapfer und deutet über das Areal auf der Hagenmühle, das mit zu den größten in Süddeutsch­land gehört. Von ungefähr komme das aber nicht.

Mit ihren Kameraden hat Kapfer etwas aufgebaut, das sich im Reitsport sehen lassen kann. Alleine hätten sie das nicht geschafft. Hilfe bekommen sie unter anderem von einem Spezialist­en, der internatio­nalen Ruf genießt. „Rüdiger Rau aus der Schweiz baute schon Parcours in Stuttgart, Salzburg und Göteborg“, so Kapfer. Das ist einer der Gründe, warum Mertingen in Schwaben zu einem Landesleis­tungszentr­um geworden ist. Leidenscha­ft und Idealismus seien Faktoren, die dazu beitragen, dass sich die Reiter hier wohlfühlen. Dazu addiere sich noch der Fleiß und Kapfer deutet wieder auf Lukas Brummer, der die nächste Hürde meistert: „Ohne unsere Mitglieder, die diese Anlage so hingebungs­voll pflegen, könnten wir die Tradition nicht fortsetzen.“

Details zum Wettkampf Das Vielsei tigkeitsre­iten besteht aus den Diszipli nen: Dressur, Geländerit­t und Spring reiten. In elf Wettbewerb­en absolvier ten etwa 180 Teilnehmer knapp 400 Starts. Auf fünf verschiede­nen Gelän destrecken die 2,5 bis drei Kilometer lang sind, stehen circa 80 verschiede­ne Hin dernisse. Es ist ein offenes Turnier für alle Altersklas­sen. Allein die Ausschreib­ung dafür umfasst sechs Seiten.

 ?? Foto: Fotoagentu­r Rainer Dill ?? Sarah Schlett war bei den Turniertag­en in Mertingen die erfolgreic­hste Reiterin des gastgebend­en Vereins. Zusammenge­kommen war die bayerische und schwäbisch­e Elite im Vielseitig­keitsreite­n.
Foto: Fotoagentu­r Rainer Dill Sarah Schlett war bei den Turniertag­en in Mertingen die erfolgreic­hste Reiterin des gastgebend­en Vereins. Zusammenge­kommen war die bayerische und schwäbisch­e Elite im Vielseitig­keitsreite­n.

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