Angst vor dem Werteverfall
Die Bundestagswahlen waren bis zuletzt spannend wie wahrscheinlich nie zuvor. Und dabei ging es nun erstmals weit weniger um die machtpolitisch drängendste Frage, wer denn stärkste Partei wird. Das war auch im Landkreis DonauRies nicht der Hauptpunkt. Es war auch aufgrund der Ergebnisse aus der Vergangenheit abzusehen, dass Ulrich Lange und die Christsozialen das Rennen machen, wenn auch mit Verlusten. Ein etablierter Abgeordneter hat gerade im Wettkampf um das Direktmandat einen Vorteil, sofern er solide Arbeit geleistet und Skandale vermieden hat.
Klar ist aber auch im Landkreis geworden, dass einige Themenfelder den Bürgern Sorge bereiten. Die Migration war, mit Donauwörth als großem schwäbischem AsylErstaufnahme-Standort, ein solches Reizthema – allen voran viele offene Fragen, die den Weg, das Ziel und die Motivation der aktuellen Zuwanderung betreffen. Die Politik blieb zu lange weithin sprachlos und inhaltsleer. Diese offenbare Hilflosigkeit führender Politiker auf Bundesebene, etwa in der Frage der Grenzsicherung, hat die Bürger in großen Teilen verunsichert. Das ist nachvollziehbar.
Obgleich man sich angesichts globaler Notlagen zur Hilfeleistung verpflichtet fühlen sollte, so ist es in der Realpolitik fahrlässig, Grenzen als überkommen zu betrachten – und es ist naiv anzunehmen, dass Deutschland alle Probleme der Welt innerhalb der eigenen Grenzen in Eigenregie lösen könnte. Gerade wegen des leider zu beobachtenden rapiden Werteverfalls, was die eigene Identität, die eigenen Wurzeln anbelangt, darf eine allzu große Integrationskraft dieses Landes mit seinen Kreisen, Städten und Dörfern zumindest angezweifelt werden.
Jene Unsicherheiten haben viele Wähler auch in wirtschaftlich stabilen Zeiten nachdrücklich beschäftigt. Zahlreiche Bürger haben dem linksliberalen Konsens, der inzwischen bis in die Union hinein reicht, eine Absage erteilt, ihn nicht mehr als „alternativlos“hinnehmen wollen. Mit der AfD, die sich auch im Landkreis Donau-Ries als sehr stark erwiesen hat, ist eine neue politische Kraft entstanden. Lokal und regional ist sie gerade dabei, sich zu profilieren, etwa im Hinblick auf die Flutpolder-Debatte.
Die FDP tut sich da auf dem Land etwas schwerer – doch auch sie zog wohl Wähler an, die ein Weiter-So ablehnten, denen aber der Kurs der AfD zu unklar erschien. Die SPD konnte regional nicht wirklich punkten, die Rolle als kleinere Partei in einer Großen Koalition ist jedoch gemeinhin undankbar. Die Linke hinkt hinterher. Eine Profilierung fiel den Grünen auch aufgrund ihrer dezidiert ökologischen Ausrichtung leichter. Das Spektrum hat sich auch im Landkreis erweitert. Man sollte unvoreingenommen damit umgehen.