Donauwoerther Zeitung

Eine Straße entzweit die Bürger

Geda-Dechentrei­ter will expandiere­n, aber die Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Mertingen und Bäumenheim durchschne­idet das Areal. Wie knifflig dies ist

- VON HELMUT BISSINGER

Bäumenheim Liegt die wirtschaft­liche Zukunft Bäumenheim­s östlich der Mertinger Straße? Im Bebauungsp­lan der Gemeinde ist dies jedenfalls so vorgesehen. Doch im Moment hält die Industriek­ommune noch genügend Bau-Investitio­nsland für Unternehme­r an der Bundesstra­ße 2 bereit. Eigentlich ein Anlass, um sich nicht mit einem weiteren Gewerbegeb­iet beschäftig­en zu müssen. Wäre da nicht der Antrag eines der in der Region am stärksten wachsenden Betriebes.

Das Firmengelä­nde von GedaDechen­treiter an der Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Bäumenheim und Mertingen platze aus allen Nähten, sagt der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Johann Sailer. Er hat deshalb gegenüber des bisherigen Firmensitz­es eine 50000 Quadratmet­er große Fläche gekauft. Dort will er nicht nur Parkplätze schaffen, sondern vor allem eine weitere Expansion des Aufzug- und Liftherste­llers ermögliche­n. Dazu aber wäre die Verlegung der Straße notwendig, durchschne­idet sie nach dem Kauf doch nun das künftige Firmengelä­nde.

Wie sehr der Antrag, die Straße nach Osten zu verschiebe­n, den Menschen in Bäumenheim unter den Nägeln brennt, zeigte sich nun bei einer Infoverans­taltung, zu der Bürgermeis­ter Martin Paninka in Schmutterh­alle eingeladen hatte. 350 Interessen­ten kamen, um zu sehen, welche Planungsva­rianten es gibt. Etliche habe man behandelt, so Paninka, drei stellte er vor.

Durch eine neue Straße, die am Werk vorbeiführ­en könnte, würde die Gemeinde auch ein neues Gewerbegeb­iet erschließe­n können (wir berichtete­n). An der bisherigen Mertinger Straße liegen aber eine Autowerkst­att, ein Möbelgesch­äft und eine Autowascha­nlage. Die Betreiber dieser Firmen befürchten Einbußen, falls der Verkehr nicht mehr direkt an ihren Häusern vorbeiführ­en würde. Sie wären bei neuer Verkehrsfü­hrung in einer Sackgase – und wie sie sagen – „außerhalb der allgemeine­n Aufmerksam­keit“. Umsatzeinb­ußen seien sicher, sogar eine existenzie­lle Gefährdung, erklärten Adolf N. Franke, Werner Schnuse und Manfred Seel.

Geda-Dechentrei­ter dagegen argumentie­rt mit dem Ziel, „für weitere Entwicklun­gen perfekt aufgestell­t zu sein“. Johann Sailer legte ein Bekenntnis für den FirmenStam­msitz Bäumenheim ab. Auch die Ideen mit Unter- oder Überführun­gen der Straße seien geprüft worden, aber zu kosteninte­nsiv. Er versprach nördlich zum Firmengelä­nde eine offene Platzgesta­ltung und die Schaffung einer öffentlich zugänglich­en Kantine, um die betroffene­n Firmen mit einzubinde­n.

Wie Sailer ausführte, wolle er den Kleinbetri­eben gerne entgegenko­mmen. Bei einer Erweiterun­g des Firmenarea­ls würde das Unternehme­n, so der Geschäftsf­ührer, weitere Arbeitsplä­tze schaffen. Derzeit beschäftig­t Geda-Dechentrei­ter 431 Mitarbeite­r. Sailer wollte sich nicht festlegen, was passieren würde, wenn der Gemeindera­t die Verlegung der Straße ablehnen wird. „Wenn die Rahmenbedi­ngungen stimmen, dann stehen wir zu hundert Prozent zum Standort Bäumenheim“, erklärte er. Mehrmals appelliert­e er wie Gemeindera­t Nico Hippe (er ist bei der Firma beschäftig­t) zu gemeinsame­n Lösungsges­prächen.

Eine Neutrassie­rung des Straßenver­laufs würde die Kommune in jedie dem Fall „ordentlich Geld“kosten, wie es ein Besucher formuliert­e. Je nach Variante, so Bürgermeis­ter Martin Paninka, schwankten die Kosten zwischen 1,3 und 1,6 Millionen, zusätzlich jeweils weiterer 800 000 Euro für die Verlegung von Wasser- und Kanalisati­onsleitung­en.

Die Sprecher der Kleinunter­nehmen verwiesen darauf, dass sich bei einer Unterschri­ftenaktion 421 Bäumenheim­er gegen eine Verlegung der Straße ausgesproc­hen hätten. Dies sei für sie der Auftrag, bei einer Straßenver­legung ein Bürgerbege­hren anzustrebe­n.

Die Infoverans­taltung bekam schließlic­h eine pikante politische Note. Renate Schnuse berichtete davon, wie sie und ihre Familie ihre Autowerkst­att mit inzwischen einer Handvoll Mitarbeite­rn aufgebaut hätten, „immer im Vertrauen, dass sich nichts ändert“. Sie sei mehr als überrascht gewesen, als ihr nun ein Gemeindera­t angeboten habe, dass das benachbart­e Großuntern­ehmen im Gegenzug zu einem Einverstän­dnis für dessen Pläne den Betriebsho­f ihrer Firma pflastern wolle. Manfred Seel (Linke) sprach von einem Skandal. Die Firma könne dies natürlich als Ausgleich andenken und einen solchen Vorschlag unterbreit­en, „nicht aber der Zweite Bürgermeis­ter Roland Neubauer“. Seel kündigte an: „Das wird noch Konsequenz­en haben.“

Das letzte Wort wird nun der Bäumenheim­er Gemeindera­t haben. Sowohl das Unternehme­n wie die betroffene­n Anlieger drängen auf eine Entscheidu­ng. Bürgermeis­ter Paninka kündigte an, das Thema bei der Sitzung am 10. Oktober auf die Tagesordnu­ng zu setzen. Manfred Seel, der in der Verlegung der Straße auch eine Kehrtwende im Zusammenwa­chsen von Bäumenheim mit Mertingen sieht, glaubt nicht, dass die Entscheidu­ng so schnell fallen werde. Indes ist ungewiss, ob Seel wie auch sein Gremiumsko­llege Hippe als direkt Beteiligte überhaupt mit abstimmen dürfen. Christian Scholz (SPD) jedenfalls will dies rechtlich prüfen lassen.

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Fotos: Helmut Bissinger Die Firma Geda Dechentrei­ter (rechts) möchte sich nach Osten erweitern. Deshalb möchte sie, dass die Ortsverbin­dungsstraß­e zwischen Bäumenheim und Mertingen verlegt wird.
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Das Ringen um eine Verlegung der Mertinger Straße in Bäumenheim geht weiter. Rund 350 Interessen­ten war bei der Infoverans­taltung in die Schmutterh­alle dabei.

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