Ein Meister kleiner Preziosen
Mit dem Peruaner Vladimir Valdivia gastierte in Mertingen ein grandioser Pianist, der überraschte
Mertingen Ein Rezital, mit einem „konventionellen“Programm, war angekündigt. Was aber passierte, war ein faszinierender Konzertabend mit einem hinreißenden Pianisten in einem höchst unterhaltsamen Kammerkonzert.
Der aus dem Andenstaat Peru stammende Pianist Vladimir Valdivia hat wieder begeistert. Sein thematisch nicht stringentes, „kleines“Konzert war dazu geeignet, in den Reichtum klassischer Pianoliteratur hineinzuhören. Die kenntnisreichen Besucher dieses sehr abwechslungsreichen Musikabends zeigten sich fasziniert – von Programm und technischer Reife wie auch von den grandiosen spielerischen Fähigkeiten, und der pianistischen Intelligenz des Interpreten, den als „Meister der kleinen Pretiosen“zu preisen höchst angemessen ist.
Der Konzerteinstieg mit der Sonate KV 330 in C-Dur (Allegro moderatoAndante cantabile-Allegretto) von Wolfgang Amadeus Mozart, wohl aus der Trias KV 330-332 der Salzburger Zeit ab 1783, gab die Stimmung des Abends vor: anmutige, intelligente Musik, meisterhaft nachgespürt und wiedergegeben. Albert Einstein nannte diese schlichte Sonate „eines der liebenswertesten Meisterwerke Mozarts, in dem jede Note sitzt“. Und kein großer Pianist ist sich zu schade, diese Pretiose zu adeln. Valdivia traf den schlichten Ton des „Schülerstücks“wunderbar, jeder Ton leuchtete.
Die folgenden Impromptus op 142 und 90 von Franz Schubert sind virtuose und klangmächtige Tongebilde aus seinen letzten Lebensjahren. Die vom Pianisten so virtuos wie einnehmend gespielten Charakterstücke gehören zu Schuberts populärsten Klavierkompositionen. Leichtfüßig in Impromptu op. 90 Nr. 2 (Allegro) in Es-Dur mit seinen perlenden Achtel-Triolen und einem überraschenden Forte-Akkord in (es-) Moll; opulent, und romantisch in Nr. 4 (Allegretto) in As-Dur mit seinen unablässig rieselnden Arpeggien und Einwürfen in cis-Moll. In Umkehrung der zeitlichen Geschichte hatte Valdivia op. 142 Nr. 2 (Allegretto) in As-Dur mit seinem eingängigen Lied-Thema vorangestellt.
Frederic Chopins berühmtes Nocturne op 9 Nr. 2 mit der ostinaten linken Hand, stetig wiederholten Arpeggi aus nur acht Noten, mit dieser so melodiös furios modulierenden rechten Hand wie auch Franz Listzs Vertonung einer der bekanntesten Legenden von Franziskus von Assisi, seine „ Vogelpredigt“, setzte der so leicht einher kommenden Virtuosität weitere Glanzpunkte auf: melodiöses Vogelgezwitscher, mit einem Feuerwerk über komplexen Kreuzgriffen, rasenden Glissandi.
Dagegen gesetzt: Die traumverlorene Ruhe in Debussys Clair de lune – silbrig sah man filigrane Melodien über nebelumflorte Wiesen fließen. Es war Atemholen vor dem fulminanten Auftakt zur „Romanza Andalusa“von E. Granados. War diese noch das Entrée, so folgten mit I.M.F.Albeniz‘ Musik – Tarantella, Asturias und Malagena – höchstes Tempo, Esprit, orchestraler Klang, aberwitzige Läufe. Bravi lohnten den Furor des Pianisten – aber wie verdient doch! Drei Zugaben waren Dank für den begeisterten Beifall für einen lange nachklingenden Abend.