Ein Buch begleitet dich – manchmal ein Leben lang
Vor zehn Jahren gründete Regina Rabuser die Reihe „RainLesen“. Dahinter steckt ganz viel Leidenschaft
Rain Wer einmal das System der Buchstaben erkannt hat, wer hinter das Geheimnis geschriebener Worte gekommen ist und Sprache für sich entdeckt hat, dem erschließt sich dadurch die ganze Welt. Und es sind nicht nur Sach-Inhalte, die auf diese Weise begreifbar werden. Vielmehr ist Lesen der Schlüssel zu Fantasie, Poesie und Geschichten abseits des täglichen Lebens, in die wohl jeder mitunter eintauchen möchte. Regina Rabuser aus Rain gehört zu jenen, die vom Charme der Bücher fasziniert sind. Die eine grenzenlose Leidenschaft ergreift, wenn sie sich in die wunderbare Welt fallen lässt, die zwischen zwei Buchdeckeln zu liegen vermag.
Und Regina Rabuser (47) will diese Leidenschaft teilen, will den Funken überspringen lassen. Deshalb hat sie vor zehn Jahren die Aktion „RainLesen“gegründet. Eine Veranstaltungsreihe, bei der sie Monat für Monat Kinder um sich schart, um mit ihnen dem Michel aus Lönneberga zu begegnen, dem Sams, Paddington Bär, Petterson und Findus, Emil und den Detektiven, Harry Potter und all jenen unzähligen Gestalten, die ein Kinderleben glücklicher machen können – und selbst Erwachsenen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Seit zehn Jahren lädt Regina Rabuser an jedem ersten Donnerstag im Monat Mädchen und Buben im Wechsel in die Rainer Stadtbücherei und in die Buchhandlung Rain ein, liest dort vor, lässt die Kinder erzählen, stellt Fragen und schenkt ihnen ein Stück jener zauberhaften literarischen Welten.
Begonnen hat alles mit einem, der unbedingt in die Reihe großer Kinderbuch-Helden gehört und seit Generationen in keinem Kinderzimmer fehlen sollte: mit dem Räuber Hotzenplotz. Die kleine Regina besuchte die erste Klasse in ihrem hessischen Heimatdorf und hatte eine Lehrerin, die die entscheidenden, ja magischen Worte vorlas, die der große Otfried Preußler eins so formulierte: „Wenn ich der Kaiser von Konstantinopel wäre, würde ich jeden Tag Pflaumenkuchen mit Schlagsahne essen“.
Abc-Schützin Regina hing an den Lippen der Referendarin und hatte nur einen Wunsch: „Ich will wissen, wie diese Worte, die so wunderschöne Bilder hervorrufen, in Buchstaben schwarz auf weiß aussehen.“Aus diesem Drang heraus hat Regina Rabuser lesen gelernt. Sie hat diesen Gedanken nie vergessen und wünscht sich, dieses Gefühl als Vorleserin bei ihren Zuhörern zu vermitteln. „Ich glaube, dass man durch Vorlesen eine Initialzündung auslösen kann, sodass sie dann Lust bekommen, weiter zu lesen.“
„Kennt Ihr eigentlich Pippi Langstrumpf“, fragt sie an einem dieser Nachmittage in die Runde und – natürlich – nicken alle Kinder. Elisa hat sie schon gelesen, Matteo auch. Jonas ist erst drei Jahre alt und eher technisch interessiert. „Welche Bücher magst du denn?“, fragt Regina Rabuser und lässt sich bereitwillig auch von andere Themen begeistern. Dabei hilft ihr „Leo Lehmann“, den die Mädchen und Buben über alles lieben. Das Maskottchen von „RainLesen“ist eigentlich ein ausgestopfter Strumpf. Doch mit Augen und Mund wird er zum Bücherwurm. Er sitzt gerne auf dem Schoß eines der Kinder, wenn Regina Rabuser Spannendes, Witziges oder Gruseliges vorliest.
Die Rainerin stimmt ihr Programm stets auf Jahreszeiten oder auf besondere Ereignisse ab. Schulbeginn und Herbst gehören jetzt beispielsweise dazu. Im nebeligen November geht es dann etwa um Sankt Martin und um Geistergeschichten. Im Dezember will ihr Publikum natürlich Weihnachtsgeschichten hören. Die Vorleserin sucht Erzählungen gezielt aus, lässt sich von Buchhändlerin Melanie Legg oder Bücherei-Leiterin Margit Echtler beraten und bereitet sich daheim vor, um die Dramaturgie richtig herauszuarbeiten. 15 Kinder kommen im Durchschnitt jedes Mal – Stammpublikum ebenso wie Neulinge.
Während sich Regina Rabuser auf die Altersgruppe ab sieben Jahren konzentriert, gibt es auch noch Märchenerzählerin Anne Wörthner und Gabi Thomas, die in Buchhandlung beziehungsweise Bücherei Geschichten für die Kleineren vorlesen. Bei „RainLesen“hat Regina Rabuser vor allem zwei Mitstreiter – Elisabeth Hartung und Dirk Schröder –, die in derselben Mission in die Grundschule Rain und deren Außenstelle Genderkingen gehen. Sie alle und viele weitere Unterstützer und Buchfreunde sollen mit dabei sein, wenn das Zehnjährige gefeiert wird. „Im Januar wollen wir unseren Wegbegleitern ein dickes Danke aussprechen“, kündigt Regina Rabuser an. Dann soll gefeiert werden, angestoßen und natürlich eines: ganz viel gelesen. Denn: „Ein Buch begleitet dich – manchmal ein Leben lang ...“
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