Mit 16 Jahren in die Drogenszene abgerutscht
Justiz Mit 16 Jahren Gras, mit 17 Ecstasy, mit 19 Heroin: Ein Mann aus der Region rutscht wegen Betäubungsmitteln immer weiter ab. Erst, als es fast zu spät ist, wird er scheinbar wachgerüttelt
Landkreis Es ist die fast typische Geschichte eines Drogenabhängigen. Im Alter von 16 Jahren kam der heute 29-jährige Nördlinger zum ersten Mal in Berührung mit THC. Wie er selbst in seinem umfassenden Geständnis vor Gericht schilderte, hat er relativ schnell beinahe jeden Tag Gras geraucht. Mit 17 griff er auch zu Amphetaminen und Ecstasy-Pillen. Mit 18 schluckte er schließlich regelmäßig SuperplexTabletten. Sie sollten seine Rückenschmerzen betäuben, die er nach eigenen Angaben nach dem ärztlichen Rat, Sport zu treiben, nicht in den Griff bekommen hat. „Mit 19 habe ich dann Heroin entdeckt und es ziemlich schnell täglich genommen.“Etwas später unterzog er sich einer Substitutionstherapie mit Methadon, wurde aber erneut rückfällig.
Weil sein Händler im Darknet aufgeflogen ist, sind Mainzer Ermittler auch dem Nördlinger auf die gekommen. Wie die Staatsanwaltschaft dem jungen Mann zur Last legte, soll er unter anderem fünf Gramm Heroin und ein Gramm Amphetamin bestellt haben. 46 Milligramm Amphetamin und eine Ecstasy-Tablette sind bei ihm zu Hause gefunden worden, als Nördlinger Polizeibeamte die Zimmer durchsuchten. Dazu kamen 36,5 Tabletten Superplex. Die Beamten fanden auch Spuren anderer Drogen, unter anderem mit dem Wirkstoff Carfentanyl, der in der Veterinäranästhesie beispielsweise zur Betäubung von Elchen oder Eisbären verwendet wird.
Dieses letzte Mittel hätte den Angeklagten beinahe das Leben gekostet. Nachdem er, wie vor Gericht angegeben, mit seinem Stiefvater diese Drogen konsumiert hatte, fiel er ins Koma. Den 4. Januar bezeichnet der 29-Jährige deshalb als zweiten Geburtstag. Die Entgiftung fand im Bezirkskrankenhaus in Günzburg statt. Seither soll er nachweislich keine Drogen mehr angerührt haben und 17 Monate in Therapie gewesen sein.
Nun musste sich der Nördlinger wegen des Erwerbs von Betäubungsmitteln und wegen deren Besitz vor dem Schöffengericht am Nördlinger Amtsgericht verantworten. Amtsdirektor Helmut Beyschlag hatte den Vorsitz, sprach den Angeklagten schuldig und erteilte dem 29-jährigen Nördlinger eine letzte „Chance in eine drogenfreie Zukunft“.
Statt der von Staatsanwältin Katharina Horn geforderten Gefängnisstrafe wurde die Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten des Schöffengerichts zur Bewährung verhängt. Die Bewährungszeit liegt bei drei Jahren. Während dieser Zeit muss der Angeklagte sich an gewisse Auflagen und Weisungen halten. Ein Bewährungshelfer soll den Nördlinger dabei unterstützen, straffrei zu bleiben. Er soll ihn kontrollieren und da sein, um Rückfälle zu vermeiden.
Dazu kommen 200 Stunden geSpur meinnützige Arbeit. Daneben verlangte der Vorsitzende Richter Helmut Beyschlag, die Abstinenz viermal pro Jahr auf eigene Kosten nachzuweisen. Außerdem soll der 29-Jährige mindestens ein halbes Jahr seine therapeutischen Maßnahmen fortsetzen.
Für die Bewährungsstrafe sprach nach Ansicht des Amtsgerichtsdirektors das umfassende Geständnis, eine gute Sozialprognose wegen des familiären Umfelds, das ihn unterstützt, und dass er keine Eintragung im Bundeszentralregister hat. Außerdem glaubt der Richter, dass das Schockerlebnis im Januar eine Änderung hervorgerufen habe.
„Der Angeklagte hat nach der Entgiftung alles getan, was man tun muss, um seine Situation zu verbessern. 17 Monate Therapie sind kein Zuckerschlecken und vor Gericht hat er einen positiven Eindruck vor Gericht hinterlassen“, attestierte Beyschlag. Ähnlich waren auch die Worte des Pflichtverteidigers Florian Engert in seinem Plädoyer.