Donauwoerther Zeitung

Eine Vergewalti­gung, die keine war

Justiz Ohnmächtig und mit zerrissene­m T-Shirt kommt eine 20-Jährige aus Donauwörth ins Krankenhau­s. Sie erhebt schwerwieg­ende Vorwürfe. Doch ihr Absturz hat einen anderen Grund

- VON FABIAN KLUGE

Donauwörth/Nördlingen Eine 20-Jährige in Donauwörth wird im Juni ohnmächtig vor der Freilichtb­ühne gefunden. Als die junge Frau im Krankenwag­en wieder zu sich kommt, das zerrissene T-Shirt bemerkt und Schmerzen im Bauch spürt, hat sie einen schlimmen Verdacht: Sie sei vergewalti­gt worden. Vier Monate später muss sie sich vor dem Nördlinger Amtsgerich­t verantwort­en.

Der Vorwurf: Vortäuschu­ng einer Straftat. Denn nachdem das vermeintli­che Opfer in die DonauRies-Klinik eingeliefe­rt worden war, wurde aufgrund der schwerwieg­enden Anschuldig­ungen die Kriminalpo­lizei in Dillingen alarmiert. Gegenüber dieser gab die Donauwörth­erin zu Protokoll: Sie wollte vor der Freilichtb­ühne ihre Freundin treffen, plötzlich habe sie Stimmen gehört und einen Faustschla­g gegen die Schläfe abbekommen. Diese Aussage wiederholt­e sie auch einige Stunden nach dem Zwischenfa­ll.

Während der Ermittlung­en kontrollie­rte die Kripo das Handy der 20-Jährigen. Dort fanden sie eine Nachricht an die ominöse Freundin, dass diese dem vermeintli­chen Opfer ein Alibi verschaffe­n solle. Die Polizei zweifelte deshalb an der Geschichte der jungen Frau. Schließlic­h gab sie zu, dass sich der Abend ganz anders abgespielt hatte.

Im Gerichtssa­al zeigte sich die Angeklagte einsichtig: „Es war dumm von mir. Ich weiß nicht, weshalb ich nicht von Anfang an die Wahrheit gesagt habe.“Irgendwann habe sie sich zu sehr im Lügenkonst­rukt verstrickt. Denn ihre Ohnmacht hatte in Wirklichke­it einen ganz anderen Grund. „Ich habe eine Kräutermis­chung geraucht. Dann wurde mir schlecht und ich wollte an die frische Luft. Dort wurde mir dann schwarz vor Augen“, sagte die Angeklagte kleinlaut. Das sei das erste Mal gewesen, dass sie in Kontakt mit Drogen gekommen sei.

Auch sonst weist vieles auf eine einmalige Dummheit hin: Die Donauwörth­erin hat keine Vorstrafen, wohnt noch bei ihren Eltern und macht derzeit eine Ausbildung im sozialen Bereich. Da die junge Frau keinen konkreten Menschen als Täter bezichtigt­e, sah Richter Andreas Krug von einer hohen Strafe ab und verurteilt­e sie zu 16 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit. Für diese hat die 20-Jährige sechs Wochen Zeit.

Dennoch wollte Krug den Vorfall nicht als Bagatelle ansehen: „Ihnen muss klar sein, dass das eine Straftat war. Sie haben zwar nicht – wie leider viele andere – eine konkrete Person beschuldig­t, aber wegen Ihnen musste die Polizei zu Unrecht ermitteln.“

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Foto: Wolfgang Widemann Am Amtsgerich­t in Nördlingen musste sich eine Frau aus Donauwörth verantwort­en. Sie hatte eine Straftat frei erfunden.

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