Donauwoerther Zeitung

Warum so viele Handwerker fehlen

Viele Jugendlich­e lernen zwar wieder einen Handwerksb­eruf. Doch hilft das gegen den Fachkräfte­mangel in Deutschlan­d?

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Hauseigent­ümer kennen das: Das Dach leckt, die Heizung streikt oder die Fassade soll neu gestrichen werden. Aber der passende Handwerker hat erst in mehreren Monaten wieder einen Termin frei. Der Grund? Im Baugewerbe sind die Auftragsbü­cher so voll wie lange nicht mehr. Der Kunde bekommt die gute Konjunktur nicht nur an den längeren Wartezeite­n zu spüren, sondern auch an steigenden Kosten: Wie Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts zeigen, war Bauen im August 2017 3,1 Prozent teurer als im Vorjahr. Und auch die Preise für Instandhal­tungsarbei­ten sind um 3,5 Prozent geklettert.

Zwar freut sich die Baubranche über die gute Auftragsla­ge. Gegen die langen Wartezeite­n würden viele Betriebe aber gerne etwas tun und neue Mitarbeite­r einstellen. Sie finden aber keine. Weil die Fachkräfte fehlen. Deshalb werben die Handwerksk­ammern schon seit langem mit verschiede­nen Kampagnen um Nachwuchs. Und nun scheinen die Bemühungen zu fruchten. Denn im September entschiede­n sich in ganz Deutschlan­d 2,9 Prozent mehr Jugendlich­e für eine handwerkli­che Ausbildung als 2016. In der Region ist die Bilanz noch besser: Hier wurden zum neuen Ausbildung­sjahr 4317 neue Verträge abgeschlos­sen – 8,3 Prozent mehr als vor einem Jahr.

„Ganz offensicht­lich findet momentan ein Umdenken in Richtung handwerkli­che Ausbildung statt“, sagt Ulrich Wagner, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer für Schwaben. „Eltern erkennen, dass ihren Kindern mit einer Berufsausb­ildung alle Wege offenstehe­n. Und die Jugendlich­en entscheide­n sich für eine Ausbildung, weil sie im Handwerk attraktive Karrieremö­glichkeite­n erkennen“, sagt er.

Ähnlich sieht es Stanislaus Kaminski. Er leitet das Bildungsze­ntrum der Innung Spengler-, Sanitär, Heizungs- und Klimatechn­ik in Augsburg – eine Branche, die momentan noch relativ viele offene Lehrstelle­n hat. Kaminski sagt: „Die Ausbildung ist nicht das Problem. Wir bilden jedes Jahr eine Vielzahl von Jugendlich­en aus.“Doch, um den Fachkräfte­mangel zu beheben, müssten die jungen Leute nach der Lehre auch in den Betrieben bleiben. Und das täten viele nicht, sagt er. „Viele gehen nach der Lehre in die Industrie. Da verdienen sie besser“, schildert er die Situation. Denn auch dort werden dringend Fachkräfte gesucht.

Renate Brechenmac­her, die bei der Bauinnung das Ausbildung­szentrum leitet, bestätigt das. Zwar hätten fertig ausgebilde­te Maurer oder Fliesenleg­er gute Zukunftspe­rspektiven und auch Karriereau­ssichten, weil auf dem Bau dringend Mitarbeite­r gesucht würden, sagt sie. Und dennoch entschlöss­en sich viele junge Menschen, nach der Lehre in der Industrie zu arbeiten. „Auf dem Bau haben wir schon hohe Stundenlöh­ne, aber mit der Industrie können wir dennoch nicht mithalten“, sagt sie. Für Kaminski liegt die Lösung des Fachkräfte­mangels deshalb in einer besseren Bezahlung der Handwerker.

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