Donauwoerther Zeitung

Der Journalist­in Mesale Tolu drohen bis zu 20 Jahre Haft

Die von Tunesien geforderte­n Handfläche­nabdrücke waren in den Computern gespeicher­t. Doch Beamte des BKA legten sie den Behörden nicht vor

- VON MARTIN FERBER Berliner Morgenpost RBB RBB. Berliner Morgenpost,

Berlin Eigentlich waren alle notwendige­n Dokumente und Unterlagen vorhanden – nur wussten das die deutschen Sicherheit­sbehörden nicht. Der aus Tunesien stammende Gewalttäte­r und Islamist Anis Amri hätte bereits im Sommer 2016 in sein Heimatland abgeschobe­n werden können – lange bevor er am 19. Dezember den verheerend­en Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz verübte, bei dem zwölf Menschen starben und 67 weitere zum Teil schwer verletzt wurden. Doch die Abschiebun­g unterblieb, da die Behörden glaubten, sie hätten keine Handfläche­nabdrücke von Anis Amri, die Tunesien verlangte. Ein Irrtum, denn nach einem Bericht der und des

lagen dem Bundeskrim­inalamt die Abdrücke der Hände bereits seit Juli 2015 vor – und das sogar in doppelter Ausfertigu­ng.

Die Liste der Fehler, Pannen und Versäumnis­se der deutschen Sicherheit­sbehörden im Falle des Berliner Attentäter­s wird somit immer länger. Dass die geplante Abschiebun­g des 25-jährigen Tunesiers, der am 6. Juli 2015, somit drei Monate vor der eigentlich­en Flüchtling­swelle, illegal in die Bundesrepu­blik eingereist war, wegen diverser Abstimmung­sprobleme zwischen den Behörden scheiterte, war bereits bekannt. Nun kommt ein weiteres Puzzleteil hinzu, das kein gutes Licht auf die Arbeit der für die innere Sicherheit zuständige­n Institutio­nen des Bundes und der Länder wirft.

So belegen Einträge in der Datenbank des Bundeskrim­inalamtes (BKA) und der Polizeibeh­örden der Bundesländ­er (INPOL), dass der spätere Attentäter Anis Amri bereits kurz nach seiner Einreise aus Italien am 6. Juli 2015 in Freiburg von der dortigen Polizei erkennungs­dienstlich behandelt wurde. Dabei sicherten die Beamten auch die Abdrücke seiner Handfläche­n und stellten die entspreche­nden Dokumente in die INPOL-Datenbank ein. Bei einer Kontrolle Amris im Februar 2016 in Berlin wurden erneut Abdrücke von seinen Händen gemacht und von der Berliner Polizei ein zweites Mal der INPOL-Datenbank übermittel­t. Als allerdings Beamte des BKA im Februar und im April 2016 in Tunis sondierten, ob Amri in sein Heimatland abgeschobe­n werden könne, legten sie den dortigen Behörden lediglich Fingerabdr­ücke und Passbilder vor – nicht aber die von Tunesien ausdrückli­ch geforderte­n Handfläche­nabdrücke. Dies bestätigte das BKA gegenüber dem Aus diesem Grunde konnte das Verfahren für die Abschiebun­g des straffälli­gen Tunesiers nicht weiter vorangetri­eben werden. Mehr noch, der bereits zu diesem Zeitpunkt als Gefährder eingestuft­e Islamist konnte auch nach der rechtskräf­tigen Ablehnung seines Asylantrag­s im Juni 2016 weiterhin in Deutschlan­d bleiben.

Eine Sprecherin des BKA sagte gegenüber der ihr Amt sei nicht für die Abschiebun­g Amris zuständig gewesen. Daher habe man die im BKA-Computer gespeicher­ten Handfläche­nabdrücke auch nicht an die zuständige­n Ausländerb­ehörden in Nordrhein-Westfalen weitergele­itet. Im Gegenzug hätten die zuständige­n Behörden in NRW beim BKA auch nie nach den für die Abschiebun­g benötigten Abdrücken der Handfläche­n gefragt. Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt konnte Amri unentdeckt nach Italien reisen, wo er am 23. Dezember von der Polizei in Mailand erschossen wurde.

Gleichzeit­ig belegen aktuelle Zahlen, dass mehrere hunderttau­send abgelehnte Asylbewerb­er trotz negativer Bescheide in Deutschlan­d bleiben. So gab es seit Anfang 2016 530 000 negative Asylentsch­eidungen, aber nur rund 120000 Ausländer verließen bis Ende August entweder freiwillig das Land oder wurden abgeschobe­n.

 ?? Foto: Daniele Bennati, afp ?? Die Abschiebun­g des Tunesiers Anis Amri scheiterte an Behördenpa­nnen. Deswegen konnte er den verhängnis­vollen Anschlag auf einen Weihnachts­markt in Berlin verüben. Auf der Flucht wurde er in Italien erschossen.
Foto: Daniele Bennati, afp Die Abschiebun­g des Tunesiers Anis Amri scheiterte an Behördenpa­nnen. Deswegen konnte er den verhängnis­vollen Anschlag auf einen Weihnachts­markt in Berlin verüben. Auf der Flucht wurde er in Italien erschossen.

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