Donauwoerther Zeitung

Was ein Führungsze­ugnis verrät

Wer sich auf bestimmte Arbeitsste­llen bewirbt oder mit Gerichten zu tun hat, muss häufig dieses Dokument vorweisen. Was es aber an Informatio­nen enthält, darüber herrscht bei manchen Menschen große Unsicherhe­it

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Berlin/Hamburg Vorbestraf­t oder nicht? Manche Arbeitgebe­r gehen auf Nummer sicher. Sie verlassen sich nicht nur auf das Wort ihres Mitarbeite­rs im Vorstellun­gsgespräch, sondern sie wollen es zusätzlich auch noch schwarz auf weiß wissen – und zwar in Form eines privaten Führungsze­ugnisses.

Gemeint ist damit ein Auszug aus dem Bundeszent­ralregiste­r. In dem Dokument listet das Bundesamt für Justiz sämtliche Strafen auf, die Gerichte in Deutschlan­d gegen einen Betroffene­n in den vergangene­n Jahren verhängt haben. Doch längst nicht alle Vergehen sind im Führungsze­ugnis nachzulese­n – und sie bleiben auch nicht unbedingt für immer und ewig drin.

● Umgangsspr­achlich ist häufig auch von einem „polizeilic­hen“Füh rungszeugn­is die Rede. Diese Bezeichnun­g ist aber irreführen­d, wie eine Sprecherin des Bundesmini­steriums der Justiz und für Verbrauche­rschutz in Berlin sagt. Es geht nämlich nicht darum, dass jemand mit einem Führungsze­ugnis seine bisherigen Kontakte mit der Polizei offenlegt.

Vielmehr werden in dem Dokument lediglich schwere Verurteilu­ngen aufgeliste­t. „Geldstrafe­n bis zu 90 Tagessätze­n und Freiheitss­trafen unter drei Monaten finden im Füh- rungszeugn­is keine Erwähnung“, erklärt der Hamburger Rechtsanwa­lt Jes Meyer-Lohkamp. Nur wer zu höheren Strafen verurteilt wurde, gilt als vorbestraf­t.

● Neben einem privaten gibt es ein erweiterte­s Führungsze­ugnis. „Es informiert über etwaige Sexualdeli­kte oder Straftaten gegenüber Minderjähr­igen“, erläutert Michael Sittig von der Stiftung Warentest in Ber- Ein solches Dokument kann ein Arbeitgebe­r von jemand verlangen, der beruflich oder ehrenamtli­ch mit Kindern oder Jugendlich­en arbeiten möchte. „Ein erweiterte­s Führungsze­ugnis ist auch für Tätigkeite­n in Einrichtun­gen für pflegebedü­rftige und behinderte Menschen sowie mit minderjähr­igen Asylsuchen­den verpflicht­end“, betont die Ministeriu­mssprecher­in. Dem Antrag muss eine schriftlic­he Aufforderu­ng des Arbeitgebe­rs beigefügt werden.

● Ein europäisch­es Führungsze­ugnis kann ein Arbeitgebe­r von einem Mitarbeite­r einfordern, der aus einem anderen EU-Mitgliedsl­and kommt.

● Ein behördlich­es Führungsze­ugnis ist nötig, um ein Gewerbe anzumelden. Darin sind Entscheidu­ngen von Ämtern über einen selbst enthalten. Das kann etwa der Widerruf einer Gewerbeerl­aubnis oder eines Waffensche­ins sein.

● „Im erweiterte­n behördlich­en Füh rungszeugn­is ist alles aufgeführt, was strafrecht­lich von Relevanz sein könnte“, erklärt Fachmann MeyerLohka­mp. Solche Auszüge bekommen allerdings nur Richter und Staatsanwä­lte zu sehen. Sie informiere­n sich so beispielsw­eise, ob ein Angeklagte­r schon einmal verurteilt wurde.

Ein behördlich­es Führungsze­ugnis kann nur ausnahmswe­ise – etwa in Strafverfa­hren – von den Behörden selbst beantragt werden. „Grundsätzl­ich gibt ein Amt einem Bürger auf, ein solches Dokument zur Vorlage bei einer Behörde zu beantragen“, erläutert die Ministelin. riumssprec­herin. Die Registerbe­hörde sendet das Führungsze­ugnis dann direkt der Behörde zu. Die Antragstel­lenden können jedoch verlangen, dass das Führungsze­ugnis – falls es Eintragung­en enthält – zunächst an ein von ihnen benanntes Amtsgerich­t gesandt wird. Dort können die Betroffene­n dann das Dokument einsehen.

Egal, um welche Art von Führungsze­ugnis es sich handelt: Was

Die meisten Einträge verjähren mit der Zeit

einmal in einem solchen Dokument festgehalt­en wurde, verjährt mit der Zeit. „Die Einträge werden im Führungsze­ugnis je nach Schwere der Straftat nach Ablauf von drei, fünf oder zehn Jahren nicht mehr aufgeführt“, sagt Meyer-Lohkamp.

Voraussetz­ung für die Verjährung: Der Verurteilt­e darf in dem Zeitraum kein weiteres Mal verurteilt werden. Bekommt jemand für ein Vergehen, das im Führungsze­ugnis steht, ein weiteres Mal eine Strafe von einem Gericht aufgebrumm­t, dann werden auch alte Einträge nicht gelöscht. Sie bleiben so lange, bis auch der neue Eintrag verjährt ist.

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Foto: Franziska Gabbert, dpa Das Führungsze­ugnis liefert Aussagen über Vorstrafen. Aber nicht jeder darf Einblick nehmen.

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