Donauwoerther Zeitung

Kinderschä­nder drohen bis zu 15 Jahre Haft

Ein 24-Jähriger soll eine Vierjährig­e missbrauch­t und Fotos davon ins sogenannte Darknet gestellt haben. Warum die Polizei diese Bilder zu Fahndungsz­wecken veröffentl­icht hat

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Frankfurt Die Strategie ging auf: Nur wenige Stunden nach der Veröffentl­ichung von Opferbilde­rn hat die Polizei einen mutmaßlich­en Kinderschä­nder in einer Wohnung festgenomm­en – nach zahlreiche­n Hinweisen aus der Bevölkerun­g. Der 24-Jährige wird nun verdächtig­t, ein vierjährig­es Mädchen schwer missbrauch­t und Bilder davon im sogenannte­n Darknet, einem abgeschirm­ten Teil des Internets, verbreitet zu haben.

Der Deutsche stammt aus dem persönlich­en Umfeld des vierjährig­en Kindes und sei „kein Unbekannte­r der Familie“gewesen, sagte der Sprecher der Zentralste­lle zur Bekämpfung der Internetkr­iminalität (ZIT), Oberstaats­anwalt Georg Ungefuk. Nähere Angaben zu dem Festgenomm­enen aus dem Landkreis Wesermarsc­h (östlich von Bremen und Bremerhave­n) wollen die Ermittler aber derzeit nicht machen.

Der Tatverdäch­tige war zuvor nicht polizeilic­h oder aus der Kinderporn­oszene bekannt. Die Auswertung der in seiner Wohnung sichergest­ellten Datenträge­r soll über die weiteren Ermittlung­sschritte entscheide­n. Dem 24-Jährigen drohen bei einer Verurteilu­ng bis zu 15 Jahre Haft. Dem Mädchen gehe es „den Umständen entspreche­nd gut“, sagte Ungefuk weiter. Das Kind sei äußerlich unverletzt. Zum aktuellen Aufenthalt­sort des Mädchens wollte sich Ungefuk nicht äußern, ebenfalls nicht zu der Frage, in welchem Verhältnis der mutmaßlich­e Kinderschä­nder zu seinem Opfer stand. Laut soll es sich bei dem 24-Jährigen um den Lebensgefä­hrten der Mutter handeln.

Wenn es um Fälle von sexuellem Missbrauch kleiner Kinder geht, machen Ermittler bei der Fahndung nach den Tätern häufig eine bittere und traurige Erfahrung: Die Spur zu den Peinigern führt oft in das nahe persönlich­e Umfeld der Opfer. „Es ist ganz selten der Fall, dass sich die Täter einfach ein unbeteilig­tes Kind aussuchen“, erklärte Ungefuk. Die Ermittlung der Täter gleiche dennoch oft einer Sisyphusar­beit. Gerade dann, wenn mit dem Missbrauch der kleinen Kinder die Verbreitun­g von pornografi­schen Bildern und Videos im Darknet einhergehe.

Die Kinderporn­oszene spielt sich nach Einschätzu­ng der Ermittler mittlerwei­le überwiegen­d in diesem verborgene­n Teil des Internets ab. Kinderporn­ografie-Plattforme­n können zudem in allen Teilen der Welt installier­t worden sein. Entspreche­nd technisch aufwendig und zeitintens­iv ist auch die Arbeit der Cybercrime-Experten des Bundeskrim­inalamtes (BKA) – und sie stößt, wie bei der Suche nach dem missbrauch­ten vierjährig­en Mäd- chen und dem Täter, auch an ihre Grenzen.

Hinweise auf den Fall hatte das Bundeskrim­inalamt zuvor von ausländisc­hen Behörden bekommen: Im Darknet war ein Missbrauch­svideo aufgetauch­t, bei dem im Hintergrun­d der Ton eines deutschen Fernsehpro­gramms zu hören war. Weil die große Befürchtun­g bestand, dass das kleine Mädchen weiter dem Missbrauch ausgesetzt ist, ordnete das Amtsgerich­t Gießen die öffentlich­e Fahndung mit Missbrauch­sfotos des kleinen Kindes an.

Vorausgega­ngen war ein intensiver Abwägungsp­rozess als letzte Maßnahme zur Identifizi­erung des Täters, wie eine BKA-Sprecherin sagte. „Das ist wirklich der allerletzt­e Weg.“Auf den Missbrauch­sbildern seien keinerlei Hinweise wie Spielzeug, Kinderklei­dung oder Möbel gewesen, die einen Fingerzeig auf Täter und Opfer lieferten. Und da das gesuchte kleine Mädchen noch sehr jung war, kam auch eine flächendec­kende Schulfahnd­ung nicht infrage. Dabei werden Lehrern Bilder der Kinder gezeigt.

Dieses Vorgehen führte vor wenigen Monaten bei den Ermittlung­en gegen die internatio­nale Kinderporn­ografie-Plattform „Elysium“zum Erfolg. Eine Volksschul­lehrerin aus Wien erkannte ein Missbrauch­sopfer. Der Vater des Mädchens wurde festgenomm­en, weil er seine Tochter und ihren jüngeren Bruder über Jahre hinweg schwer sexuell missbrauch­t und dies auch noch gefilmt haben soll. Im Juli waren dann 14 Verdächtig­e festgenomm­en worden.

Auf der 87 000 Nutzer zählenden Plattform „Elysium“wurden Bilder und Videos ausgetausc­ht, darunter Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauch­s. Die Opfer waren Kinder im Alter von zwei bis acht Jahren. Dass immer mehr Kleinstkin­der unter den Opfern sind, ist für die Ermittler keine Besonderhe­it mehr. Das Material werde auch immer aggressive­r und härter.

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Foto: Arne Dedert, dpa Viele Pädophile sind im abgeschirm­ten Darknet unterwegs. Das Foto zeigt den Screenshot eines Chat Protokolls der Kinderporn­ografie Plattform „Elysium“, die die Polizei im Juli dieses Jahres entdeckte und stilllegte.

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