Donauwoerther Zeitung

Englands bescheiden­e Legende

Sir Bobby Charlton blickt auf ein bewegtes 80-jähriges Leben. 1966 wurde er im Finale gegen Deutschlan­d Weltmeiste­r. Zuvor hatte er in München eine Flugzeugka­tastrophe überlebt

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London Sir Bobby Charlton staunt auch heute noch, wenn er auf das Denkmal der „United Trinity“vor dem Stadion Old Trafford von Manchester United blickt. „Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass ich das da oben bin“, sagt die FußballIko­ne in einer neuen Dokumentat­ion des Senders BBC. Als er über den Rasen des Stadions spaziert, auf dem er früher die Gegner austanzte, wird er sentimenta­l: „Das Beste, was ich je gemacht habe, war bei diesem Klub zu unterschre­iben.“

Anlässlich des 80. Geburtstag­s von Sir Bobby Charlton am heutigen Mittwoch gratuliert in diesen Tagen die Fußball-Prominenz. Ex-Nationalsp­ieler David Beckham erklärte, er habe Charlton alles zu verdanken. „Ich war in der Bobby-CharltonFu­ßballschul­e und habe das Turnier gewonnen“, erzählte Beckham. „Daraufhin rief Sir Bobby bei Manchester United an und sagte: „Vielleicht solltet ihr euch diesen Jungen mal anschauen.“So begann meine Karriere.“

Charltons Karriere begann 1956, als er von United entdeckt wurde, dessen Team damals vom legendären Matt Busby trainiert wurde. Nur zwei Jahre später erlebte er mit der Mannschaft seine schwärzest­en Stunden. „Ja, das hat mein Leben verändert“, erinnert sich der englische Fußball-Weltmeiste­r fast 60 Jahre später immer noch sichtlich bewegt an die Katastroph­e von München. Bei dem Flugzeugun­glück verlor Charlton 1958 mehrere Freunde. Das Team war auf dem Heimweg von einem Europapoka­lspiel in Belgrad. Nach einer Zwischenla­ndung in München hatte die Maschine bei schlechtem Wetter Startprobl­eme. „Wir sind gar nicht erst abgehoben“, erzählt Charlton. „Wir sind in ein Haus gekracht und ich glaube, in ein paar andere Hinderniss­e. Es war einfach ein Albtraum.“23 Menschen kamen ums Leben. „Ich hatte einfach Glück, dass ich auf dem richtigen Platz saß“, sagt er als einer von 21 Überlebend­en.

Mit 20 Jahren stand Charlton am Anfang seiner Karriere. Irgendwie musste es mit United auch nach dem Unglück weitergehe­n. „Ich habe mich gefragt, wie wir uns davon erholen sollen und was wir machen“, erzählt der frühere Mittelfeld­spieler. „Wir mussten uns besonders anstrengen.“Das sollte sich lohnen. Mitte der 60er kamen die besten Jahre für Charlton. 1965 gewann er mit den Red Devils die englische Meistersch­aft. Ein Jahr später feierte er den größten Triumph seiner Karriere, als er im Wembley-Stadion vor den Augen von Königin Elizabeth II. mit dem 4:2 gegen Deutschlan­d den bislang einzigen Weltmeiste­rtitel der Three Lions feierte. 1968, zwei Jahre nach dem WM-Triumph und zehn Jahre nach dem Unglück von München, folgte der Europapoka­lsieg mit Manchester United. „Es wäre einfach nicht richtig gewesen, wenn Man United nie den Europacup gewonnen hätte“, sagt Charlton. „Aber dann wurde das ja Standard.“Das 4:1 gegen Benfica Lissabon war vielleicht der emotionals­te Moment in seiner Karriere. Im Finale erzielte er zwei Tore. 1973 beendete Bobby Charlton seine aktive Karriere – als Rekordtors­chütze für England (49 Tore) und Manchester United (249), als Rekordspie­ler für den Klub mit 758 Pflichtspi­elen. Erst Jahrzehnte später wurden diese Rekorde von Wayne Rooney und Ryan Giggs überholt. Charlton übernahm einige Manager-Jobs und war für kurze Zeit auch als Trainer aktiv. Vor allem aber blieb er seinem geliebten Verein treu, dessen Vorstand er bis heute angehört. „Das Beste

„Er war immer erfolgreic­h – aber vor allem darin, ande ren Menschen zu helfen.“David Beckham über Bobby Charlton

daran ist, dass ich die Spiele kostenlos sehen darf“, sagt er lachend. 1994 wurde er von der Queen zum Ritter geschlagen und darf sich seither „Sir“nennen. Mit seiner Stiftung setzt sich Bobby Charlton gegen Landminen ein und unterstütz­t die Prothesen-Forschung. Der gute Zweck liegt dem bescheiden­en Star am Herzen. „Er war immer erfolgreic­h – aber vor allem darin, anderen Menschen zu helfen“, brachte es Beckham anlässlich des Jubiläums auf den Punkt. „Das ist es, was ihn so besonders macht. Er wird auf dem Spielfeld verehrt, aber noch mehr daneben.“

 ?? Foto: imago ?? WM Finale 1966: Bobby Charlton (links) und der Kölner Wolfgang Overath. England gewann das Endspiel im Wembley Stadion 4:2 nach Verlängeru­ng.
Foto: imago WM Finale 1966: Bobby Charlton (links) und der Kölner Wolfgang Overath. England gewann das Endspiel im Wembley Stadion 4:2 nach Verlängeru­ng.
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Bobby Charlton

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