Die Physik einer Volkspartei
Es sind jene Debatten an der Basis, die in einer Volkspartei fortwährend stattfinden müssen. Der „Themenabend“der CSU in Harburg zeigte, wie wichtig es ist, bei den Menschen vor Ort zu sein. Zuhören, notieren, reden, Probleme ernsthaft anpacken. Dass es eine gewisse Entfremdung zwischen etablierter Politik und vielen Wählern gibt, das ist spätestens seit der Bundestagswahl deutlich geworden. Auch im Landkreis ist die CSU vom Wähler abgewatscht worden, wenngleich sie hier weiterhin die stärkste politische Kraft bleibt.
Barbara Stamm hat die Probleme in Harburg in bemerkenswerter Offenheit beim Namen genannt. Es darf für die CSU allerdings nun nicht bei den im Grunde richtigen Worten und Sentenzen bleiben, wie etwa dem Berühmten „wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen“. Die am Montagabend angesprochenen Ansätze wie Bürgerversammlungen oder das Abhalten von Themenabenden sind nun keine irrelevanten Schritte, sie können – sofern es denn dabei um ernsthafte Problemlösungen gehen soll – durchaus vertrauensbildend sein.
Dass es derweil in einer Partei mitunter heiß hergeht und Themen – wie etwa in regionaler Hinsicht die Flutpolder und der geplante Nationalpark Donau-Auen – auch kontrovers diskutiert werden, das spricht eher für ein legitimes politisches Ringen als für chaotische Verhältnisse. Es wäre doch ziemlich seltsam, wenn das Parteivolk stets wie die Enten der Parteiführung hinterherhechelte.
Unstrittig ist, dass sich die CSU zwar weitaus weniger als die CDU, aber dennoch spürbar von Teilen der konservativen Wählerschaft entfernt hat. Die unüberlegte Aussetzung der Wehrpflicht und die überstürzte „Ehe für alle“sind zwei prominente Beispiele – die nachvollziehbare Befürchtung einer kulturellen und sozialen Veränderung im Land sind ein grundlegender und bitteschön ernst zu nehmender Aspekt.
Für die CSU galt es immer, drei tragende Säulen unter einem Dach zu integrieren: die Freiheitlichen, die Christsozialen und die Konservativen. Es ist die reine Physik dieser nach wie vor großen bayerischen Volkspartei: Fehlte einer dieser wichtigen Pfeiler, würde das Gebäude instabil werden und bröckeln.