Donauwoerther Zeitung

Die Physik einer Volksparte­i

- VON THOMAS HILGENDORF redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Es sind jene Debatten an der Basis, die in einer Volksparte­i fortwähren­d stattfinde­n müssen. Der „Themenaben­d“der CSU in Harburg zeigte, wie wichtig es ist, bei den Menschen vor Ort zu sein. Zuhören, notieren, reden, Probleme ernsthaft anpacken. Dass es eine gewisse Entfremdun­g zwischen etablierte­r Politik und vielen Wählern gibt, das ist spätestens seit der Bundestags­wahl deutlich geworden. Auch im Landkreis ist die CSU vom Wähler abgewatsch­t worden, wenngleich sie hier weiterhin die stärkste politische Kraft bleibt.

Barbara Stamm hat die Probleme in Harburg in bemerkensw­erter Offenheit beim Namen genannt. Es darf für die CSU allerdings nun nicht bei den im Grunde richtigen Worten und Sentenzen bleiben, wie etwa dem Berühmten „wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen“. Die am Montagaben­d angesproch­enen Ansätze wie Bürgervers­ammlungen oder das Abhalten von Themenaben­den sind nun keine irrelevant­en Schritte, sie können – sofern es denn dabei um ernsthafte Problemlös­ungen gehen soll – durchaus vertrauens­bildend sein.

Dass es derweil in einer Partei mitunter heiß hergeht und Themen – wie etwa in regionaler Hinsicht die Flutpolder und der geplante Nationalpa­rk Donau-Auen – auch kontrovers diskutiert werden, das spricht eher für ein legitimes politische­s Ringen als für chaotische Verhältnis­se. Es wäre doch ziemlich seltsam, wenn das Parteivolk stets wie die Enten der Parteiführ­ung hinterherh­echelte.

Unstrittig ist, dass sich die CSU zwar weitaus weniger als die CDU, aber dennoch spürbar von Teilen der konservati­ven Wählerscha­ft entfernt hat. Die unüberlegt­e Aussetzung der Wehrpflich­t und die überstürzt­e „Ehe für alle“sind zwei prominente Beispiele – die nachvollzi­ehbare Befürchtun­g einer kulturelle­n und sozialen Veränderun­g im Land sind ein grundlegen­der und bitteschön ernst zu nehmender Aspekt.

Für die CSU galt es immer, drei tragende Säulen unter einem Dach zu integriere­n: die Freiheitli­chen, die Christsozi­alen und die Konservati­ven. Es ist die reine Physik dieser nach wie vor großen bayerische­n Volksparte­i: Fehlte einer dieser wichtigen Pfeiler, würde das Gebäude instabil werden und bröckeln.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany