Ausgezeichnetes Klebeband
Die Gerlinger Group hat den Großen Preis des Mittelstands erhalten. Ihre Produkte werden weltweit exportiert. Friedrich Gerlinger zeigt, wie sie in Nördlingen gefertigt werden
Nördlingen Los geht es in der Schule mit dem bekannten durchsichtigen Klebeband – im Haushalt kommt häufig farbiges Isolierband oder doppelseitiges Klebeband zum Einsatz. Für die harten Fälle gibt es das dicke graue Klebeband, das umgangssprachlich als „Panzertape“bezeichnet wird. Doch nicht nur dort, auch in der Bau- und Automobilindustrie sind Klebebänder essenziell und erfüllen unterschiedliche Funktionen. Viele dieser Klebebänder werden in Nördlingen von Gerlinger Klebeband produziert. Das Unternehmen ist Teil der Gerlinger Group, einem Familienunternehmen.
Kürzlich erhielt die Unternehmensgruppe den Großen Preis des Mittelstands. Zu der Gruppe gehören neben Gerlinger Klebeband drei weitere Unternehmen. Der Preis wird deutschlandweit verliehen. Eine Jury untersucht eine Auswahl der nominierten Mittelständler – in Bayern waren es dieses Jahr 993 Firmen. Vier Unternehmen wurden schließlich mit dem Preis ausgezeichnet. Er sei symbolischer Natur, sagt Friedrich Gerlinger, Prokurist der Gruppe und Sohn des Geschäfts- führers. Er sieht den Preis als Anerkennung und Bestätigung unternehmerischer Leistung. Dotiert ist der Preis nicht.
Friedrich Gerlinger läuft durch die Hallen, in denen das Klebeband Schritt für Schritt hergestellt wird. Hin und wieder zeigt er auf eine der großen Maschinen und erklärt, welchen Arbeitsschritt diese erledigen. Klebebänder können mit unterschiedlichen Klebstoffsystemen hergestellt werden. Gerlinger Klebeband produziere auf Basis wässriger Acrylate, sagt er. Das seien Klebstoffe, bei denen die Rezepturkomponenten in Wasser gelöst werden. Am Anfang der Produktionskette werden die Rohstoffe in einem Mischbehälter zu einem Kleber formiert.
Anschließend wird der Kleber durch Leitungen in die angrenzende Halle gepumpt. Dort tragen Walzen einen gleichmäßigen Kleberfilm auf ein Trägermaterial auf. Die beschichtete Bahn läuft danach durch einen Trocknungskanal, in dem in unterschiedlich temperierten Zonen das Wasser aus dem Kleber herausgetrocknet wird. Eine gewisse Restfeuchte muss bestehen bleiben, sonst wird der Kleber hart und bröselig und klebt nicht mehr. Das richtige Maß beim Mischverhältnis, der Feuchtigkeit und der Temperatur, darauf komme es an, sagt Gerlinger. „Dieses Know-how behalten wir in unserem Unternehmen.“
Während des Produktionsrundgangs wird ein doppelseitiges Klebeband hergestellt, das Gerlinger unter der eigenen Marke „Gerband“verkauft. Neben der Eigenmarke produziert das Unternehmen aber auch Produkte für andere Klebebandmarken. „Es ist gut möglich, dass Menschen im Ries Klebeband von uns verwenden, ohne es zu wissen“, sagt Friedrich Gerlinger.
Nun ist das Klebeband grundsätzlich fertig – allerdings sind die Rollen noch 160 Zentimeter breit und mehrere Kilometer lang. In der Konfektionierung wird das Band vollautomatisch geschnitten und zu handelsüblichen Rollen gewickelt. Reine Handarbeit ist hingegen das Verpacken der fertigen Rollen.
Gerlinger erklärt den Produktionsprozess in allen Einzelheiten. Es ist offensichtlich, dass er sich in der Materie bestens auskennt, obwohl er nicht Ingenieur, sondern Kaufmann ist. In der gegenüberliegenden Halle stellt Gerlinger sogenannte klebende Massen her. Sie dienen als Dämmmaterial und reduzieren Schall und Vibrationen. Die klebenden Massen liefert Gerlinger überwiegend an die Automobil- und Bauindustrie.
Bruno Ostenried läuft über den Innenhof des Firmengeländes. Er ist ebenfalls Prokurist der Gruppe und zuständig für das Marketing. Vor sechs Jahren kam er zu Gerlinger und nach Nördlingen. „Vielen Einheimischen war Gerlinger kein Begriff“, sagt er, und das, obwohl er selbst ein „Zugezogener“sei. An ihrer öffentlichen Wahrnehmung im Ries wollen sie arbeiten. Mit einem Budget von 1000 Euro pro Quartal unterstützt Gerlinger ehrenamtliche Projekte von Mitarbeitern. Ein Gremium aus Belegschaft und Geschäftsführung wählt geeignete Projekte aus. Außerdem engagiert sich das Unternehmen in regionalen Vereinen. Um ihren Absatz zu vergrößern gehe es bei der Öffentlichkeitsarbeit nicht, sagt Gerlinger, schließlich lande beim Endverbraucher sowieso nur über Umwege ein Produkt von ihnen. Vielmehr möchten sie potenzielle Arbeitnehmer in der Region auf sich aufmerksam machen. „Wir sind vom Fachkräftemangel direkt betroffen.“– insbesondere Maschinenführer und Fachkräfte für den Vertrieb seien kaum zu finden.
In einem neuen Gebäude befinden sich die Labors. Rund 30 der 240 Mitarbeiter arbeiten in dem Bereich Forschung, Entwicklung und Qualitätssicherung, sagt Gerlinger. Theresa Kiemberger arbeitet dort seit neun Jahren als Chemielaborantin. „Die Qualitätssicherung geht immer vor“, sagt die junge Frau im Laborkittel. Das heißt: Proben nehmen, Tests machen und mögliche Mängel aufdecken. In der restlichen Zeit betreibe sie die Entwicklung neuer Stoffe und Verbesserung des Sortiments. „Manchmal forscht man wochenlang in eine Richtung und stellt dann fest, dass es die falsche war“, sagt sie. Das gehöre eben auch dazu.
„Es ist gut möglich, dass Menschen im Ries Klebe band von uns verwenden, ohne es zu wissen.“Friedrich Gerlinger, Prokurist