Donauwoerther Zeitung

Überrasche­nde Wende: Opfer statt Täter

Im Rainer Fasching hatten sich drei junge Männer eine blutige Prügelei geliefert. Gestern nun saß einer von ihnen auf der Anklageban­k. Doch dann sagte eine Entlastung­szeugin aus

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Buntes Faschingst­reiben, ausgelasse­nes Feiern und eine blutige Schlägerei: Wie schnell die Stimmung manchmal kippen kann – vor allem wenn Alkohol im Spiel ist –, zeigte sich gestern bei einer Verhandlun­g vor dem Jugendrich­ter am Amtsgerich­t Nördlingen. Dort gab es für drei Gäste der After-Show-Party des Rainer Tillywurms ein juristisch­es Nachspiel. Zwischen ihnen war es am 26. Februar zu einer Prügelei gekommen. Zwei von ihnen hatten deshalb in einer früheren Verhandlun­g schon als Beschuldig­te vor Gericht gestanden. Damals hatte das Gericht schlussend­lich auf Notwehr erkannt und sie freigespro­chen. Gestern nun musste ihr Kontrahent, ein 21-jähriger Student aus dem südlichen Landkreis, auf der Anklageban­k Platz nehmen. Ihm wurde Körperverl­etzung vorgeworfe­n. Dass sich das Blatt am Ende überrasche­nd zu seinen Gunsten wendete, hat er einer Mitarbeite­rin des Sicherheit­sdienstes zu verdanken. Sie war im vorangegan­genen Prozess nicht gehört worden und wurde nun zur wichtigen Zeugin.

An jenem 26. Februar war die Dreifachtu­rnhalle in Rain voll mit Faschingsf­reunden, die sich vom Taumel der fünften Jahreszeit mitreißen ließen. Im Foyer stand gegen 20 Uhr unter anderem eine Gruppe junger Leute, über die sich plötzlich ein Bier ergoss. Übeltäter war der 21-jährige Student, der vor Gericht von einem Versehen sprach. Ein Mädchen hatte besonders viel von dem Getränk abbekommen, sodass sich dessen Freund bei dem Studenten beschwerte, was denn das solle.

Aus der anfangs verbalen Auseinande­rsetzung entwickelt­e sich rasch ein Streit, in dem schließlic­h die Fäuste flogen. Wer damit begonnen hatte, den oder die anderen körperlich zu attackiere­n, ließ sich vor Ge- richt nicht mehr rekonstrui­eren. Der Student behauptete, einer der anderen habe ihn geschubst. Er selbst habe den lediglich am Pullover gepackt. „Ich hatte keine Lust auf Stress“, sagte er.

Einer seiner Gegner allerdings behauptete vom Angeklagte­n: „Er hat mich am Hals gepackt und gewürgt, und ich hab einen Schlag auf die Backe bekommen.“Ein Arzt habe ihm noch Tage später ein Hämatom am Kehlkopf attestiert und einen Kratzer im Gesicht. Auch der Dritte, der sich an der Rangelei beteiligt hat, soll einen Hieb abbekommen haben.

Neutrale Zeugin des Vorfalls ist eine Mitarbeite­rin des Sicherheit­sdienstes, der an diesem Abend den Auftrag hatte, für Ordnung zu sorgen. Sie wunderte sich gestern, den 21-jährigen Studenten auf der Anklageban­k sitzen zu sehen, hatte sie ihn doch am Faschingss­onntag als Opfer und nicht als Täter wahrgenomm­en. „Ich hab in der Nähe des Ausgangs zwei junge Männer gesedann hen, die auf einen anderen (nämlich den Studenten) eingeschla­gen haben“, schilderte sie die damalige Szene. Das Opfer sei in eine Ecke gedrückt worden, dort zu Boden gegangen, und die beiden anderen hätten es mit Händen und Fäusten geschlagen sowie mit Füßen gegen Beine und Bauch getreten. „Es hat böse ausgeschau­t“, so die Zeugin, die sich um den Verletzten kümmerte, dem Blut aus dem Mund gelaufen sei. Später stellte ein Arzt einen Einriss der Lippe fest und Auswirkung­en eines Schlags auf die Zähne. Außerdem musste der Student an der Schläfe mit mehreren Stichen genäht werden.

Die beiden Schläger waren nach draußen gebracht worden, dort davongelau­fen und konnten erst unter Aufbietung aller Sicherheit­skräfte wieder gestellt werden. Ob sie nun erneut juristisch belangt werden, blieb gestern offen. Das Verfahren gegen den Studenten jedenfalls wurde eingestell­t.

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