Donauwoerther Zeitung

Halbzeit beim Bahnhofstu­nnel in Augsburg

Seit etwa sechs Jahren wird an dem 143,5-Millionen-Euro-Projekt gebaut. Doch die schwierigs­ten Abschnitte stehen jetzt erst an

- VON STEFAN KROG

Augsburg Zwei Bereiche des Bahnhofstu­nnels sind weitgehend fertig: Zur Projekt-Halbzeit haben die Arbeiter den Rohbau westlich und östlich des eigentlich­en Bahnbereic­hs so gut wie abgeschlos­sen. Auf der Innenstadt-Seite reicht der Tunnel rund sechs Jahre nach Baustart bis an die Grundmauer­n des Bahnhofsge­bäudes heran. Auf der westlichen Seite haben sich die Arbeiter fast bis zu den ersten Personengl­eisen vorgearbei­tet. Die Stadtwerke sprechen angesichts der bisher fertiggest­ellten 430 Tunnelmete­r (inklusive Wendeschle­ife unter den Gütergleis­en) von einem „Meilenstei­n“. Allerdings steht das anspruchsv­ollste Teilstück noch bevor: Die 100 Meter unter dem Bahnhofsge­bäude und den Bahnsteige­n sind zwar nicht allzu lang, aber technisch komplizier­t.

Inzwischen haben die Stadtwerke damit begonnen, flüssigen Zement mit Hochdruck ins Erdreich unter dem Bahnhofsge­bäude zu spritzen. 15 bis 20 Meter reichen die so entstehend­en Zementsäul­en in die Tiefe – sie bilden dann später das Gerüst für die Seitenwänd­e des Tunnels. „Das ist ein extrem aufwendige­s Verfahren. Auf einer normalen Baustelle würde man eine andere Methode wählen“, sagt Oberbaulei­ter Thomas Weinl. Denn ein Teil des eingesprit­zten Zements quillt zusammen mit Erdreich wieder nach oben, muss abgepumpt und entsorgt werden.

Doch in der Bahnhofsha­lle, in der nichts mehr an den Zustand vor der Sperrung im April erinnert, ist zu wenig Platz für Baumaschin­en, um eine 20 Meter tiefe Grube auszuheben. Darum werden die Stadtwerke, wenn der Boden verfestigt ist und alle Leitungen im Boden des Gebäudes umgelegt wurden, einen ein Meter dicken Betondecke­l auf die Zementsäul­en im Erdreich setzen. Er ist die künftige Decke des Tunnels. Im Anschluss wird das Erdreich mit Minibagger­n vom Tunnel unter dem Bahnhofsvo­rplatz ausgebagge­rt und mit Lkw über die Abfahrtsra­mpe in der Halderstra­ße weggefahre­n. Bis es so weit ist, wird es aber noch mehr als ein Jahr dauern.

Dann wird es auch Eingriffe am Bahnhofsge­bäude geben. Die unteren Mauern müssen bis auf eine Höhe von 2,5 Metern abgetragen werden. Das Zentralgeb­äude wird in dieser Zeit auf einer provisoris­chen Konstrukti­on aus Stahlträge­rn ruhen, die mit Pressen gesteuert werden können, um Hebungen und Setzungen zu vermeiden. Für das denkmalges­chützte Gebäude wird der Eingriff eine Belastung: Schon jetzt hat man die Fenster in den Obergescho­ssen zugemauert, um die Wände zu versteifen. Frühestens ab 2021 wird die Bahnhofsha­lle, deren Geschäfte momentan in ein Containerd­orf ausgelager­t sind, wieder benutzbar sein.

Unterdesse­n laufen auf der Westseite die Arbeiten der Bahn für den Bahnsteig F auf vollen Touren. Dieser neue Nahverkehr­sbahnsteig ist während der Bauzeit als Ersatzbahn­steig nötig, weil bis zur Fertigstel­lung 2023 jeweils einer der bestehende­n Bahnsteige für die Bauarbeite­n außer Betrieb genommen wird. Der Bahnsteig F soll Ende 2018 fertig sein. Die bisherigen Verzögerun­gen am Bahnsteig F (ursprüngli­cher Fertigstel­lungstermi­n war 2015) verzögerte­n auch den Bahnhofstu­nnel insgesamt.

Unklar ist momentan noch, wann der Bahnhofsvo­rplatz wieder für die Öffentlich­keit nutzbar sein wird. In den kommenden Jahren ist nicht damit zu rechnen. Die Stadtwerke haben mit Fertigstel­lung des Tunnelrohb­aus die Baugrube auf dem Vorplatz wieder zugeschütt­et und den Boden asphaltier­t. Allerdings werden die beauftragt­en Baufirmen das Areal zunächst noch als Baulagerpl­atz nutzen.

Der Bahnhofstu­nnel soll ab dem Jahr 2023 die Linien 3 und 5 in den Westen der Stadt führen, die 4er wendet im Bereich des Tunnels. Unter den Gleisen gibt es eine unterirdis­che Tramhaltes­telle. Rolltreppe­n und Aufzüge werden den Bahnhof barrierefr­ei machen. Für Fußgänger wird eine Unterführu­ng ins Thelottvie­rtel durchgesto­chen. Die Kostenbere­chnung liegt bei 143,5 Millionen Euro.

OFührungen Am Montagen, 23. Okto ber, gibt es um 18 Uhr Führungen auf der Westseite des Hauptbahnh­ofs. Treff punkt ist am Baustellen­tor am Sebasti an Buchegger Platz. Im November kann der Tunnel im Osten unter dem Bahn hofsvorpla­tz besichtigt werden. Treffpunkt am 8., 15., 22. und 29. November ist die Infobox auf dem Bahnhofsvo­rplatz. Los geht es ebenfalls um 18 Uhr. Alle Führungen sind kostenlos. Eine Anmel dung ist nicht notwendig, gutes Schuh werk hingegen schon.

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Foto: Silvio Wyszengrad So sieht der Tunnel unter dem Bahnhofsvo­rplatz aus (Blick Richtung Innenstadt). Rechts werden die Trambahnen bergauf in Richtung Halderstra­ße/Königsplat­z fahren. Der linke Stutzen wurde vorsorglic­h eingebaut, falls irgendwann einmal die Tram über...

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