Donauwoerther Zeitung

Rempler oder sexuelle Belästigun­g?

Eine Frau spürt in einer Disco in Bissingen eine Hand an ihrer Brust. Vor Gericht steht Aussage gegen Aussage

- VON ANDREAS SCHOPF

Bissingen/Dillingen Die Umstände in einer Diskothek sind prädestini­ert dafür, Konflikte hervorzuru­fen. Es ist eng, laut und meistens Alkohol im Spiel. Kommen dann noch Grapschere­ien dazu, ist die gefährlich­e Mischung perfekt. So wie im März dieses Jahres in einem Nachtklub in Bissingen. Eine Partynacht von damals beschäftig­te jetzt das Dillinger Amtsgerich­t. Der Vorwurf einer 24-Jährigen aus dem Zusamtal: Ein Mann habe ihr mit Absicht an die Brust gefasst und sie damit sexuell belästigt.

Der Vorfall in jener Nacht hat um 3 Uhr morgens zugetragen. „Ich stand an der Bar und habe auf meinen Mann gewartet“, sagt die Frau vor Gericht. Plötzlich habe sie an ihrer rechten Brust eine Hand gespürt, die „richtig zugegriffe­n“hat. Zunächst dachte sie an einen guten Kumpel, „dann wäre das ja auch in Ordnung gewesen.“Aber eben nicht bei einem wildfremde­n Mann. Sie drehte sich um und sah einen damals 20-Jährigen aus Höchstädt, beide waren sich zuvor laut eigener Aussage noch nicht begegnet. Der Gesichtsau­sdruck des Mannes nach der Berührung habe die Geschädigt­e zusätzlich wütend gemacht. „Er hat mir frech ins Gesicht gegrinst.“

Gabriele Held stellt klar: „Grinsen darf jeder.“Entscheide­nd ist nur der Griff an die Brust. Und der sei ohne Absicht passiert, beteuert der Angeklagte. „Es kann sein, dass ich im Vorbeigehe­n hängengebl­ieben bin“, sagt der junge Mann.

Als der Ehepartner der Frau ihm plötzlich Schläge androhte und Türsteher ihn nach draußen brachten, habe er „gar nicht gewusst, um was es geht.“Der Alkohol habe bei ihm keine große Rolle gespielt. Er sei nur „leicht betrunken“gewesen – heißt: ein, zwei Bier und ein paar Schnäpse.

Aussage gegen Aussage also. Zeusich gen gibt es keine, beide Cliquen der Beteiligte­n waren zum Tatzeitpun­kt woanders. Richterin Held bittet die 24-Jährige um weitere Details. Die rechte Hand des Mannes habe ihre rechte Brust berührt, sagt sie. Zur Demonstrat­ion fasst sie sich selbst an die Seite, jedoch nur geringfügi­g an die Brust. Von der Richterin darauf angesproch­en, präzisiert sie: Nur der Zeigefinge­r habe tatsächlic­h ihren Busen erwischt.

„Diese Berührung wird gar nicht zur Abrede gestellt“, sagt Verteidige­r Florian Engert. „Aber wir kennen doch alle die Situation, wenn man aus einer Disco rausgeht.“Der Kontakt sei deshalb eher Fahrlässig­Richterin keit gewesen, erläutert der Rechtsanwa­lt.

Die Richterin stimmt zu, dass es in der Enge eines Nachtclubs immer passieren kann, dass man einen anderen Gast unabsichtl­ich berührt. Doch sie ist sich mit Blick auf den Angeklagte­n sicher: „Sie haben hingegriff­en.“Die Tatsache, dass die 24-Jährige ihren Vorwurf auch dann noch aufrechter­hielt, als es nur noch um einen Finger ging, sei glaubwürdi­g.

Für eine Strafe reicht das jedoch nicht aus. Das Verfahren wird schließlic­h eingestell­t – gegen eine Zahlung von 100 Euro an den Fonds der Jugendgeri­chtshilfe.

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