Donauwoerther Zeitung

50 Jahre jeden Mittwoch in der Halle

Hedwig Rohrer aus Nordheim leitet fünf Dekaden eine Frauengymn­astikgrupp­e und gründet als Erste im Landkreis ein Mutter-Kind-Turnen. Was dabei stets Vorrang hatte

- VON FABIAN KLUGE

Donauwörth Nordheim Mittwochab­end, 20 Uhr, Turnhalle Nordheim: In den vergangene­n 50 Jahren hat Hedwig, genannt Hedi, Rohrer diesen Termin fast nie verpasst. „Egal ob Ferien oder Urlaub – mittwochs war ich immer in der Halle“, erinnert sich die 76-jährige Nordheimer­in. Denn dann fand die Frauengymn­astikgrupp­e statt. Was aus der Idee des damaligen Vereinsvor­sitzenden, etwas für Frauen machen zu wollen, entstanden ist, entwickelt­e sich schnell zu einem festen Ritual, „einer Familie, in der es nie Streit oder Missverstä­ndnisse gab“, wie die Übungsleit­erin sagt. Ab 1969 führte Hedwig Rohrer die Gruppe, die aus rund 60 Frauen bestand, selbst. Dazu nahm sie viele Strapazen auf sich: „Alle vier Jahre musste ich den Übungsleit­erschein verlängern. Bis zum vergangene­n Jahr habe ich mich weitergebi­ldet.“

Ein Engagement, von dem auch ihre Turngruppe profitiert­e. Denn die Sportlerin hat viele Neuerungen nach Nordheim gebracht. „Ich habe mit einem Kassettenr­ekorder Musik abgespielt. Das kannte man davor ja nicht, da wurde höchstens gesungen. Außerdem habe ich Yoga- und Rückenschu­lungsübung­en in die Turnstunde­n mit eingebaut“, erklärt sie.

Die Frauengrup­pe selbst veränderte sich während der fünf Dekaden nur geringfügi­g. „Es gab kaum Austritte, denn der Austausch und das Miteinande­r standen im Vordergrun­d. Auch privat sind viele Freundscha­ften entstanden“, sagt Rohrer. Bei ihrer Verabschie­dung waren noch zehn Turnerinne­n der ersten Stunde dabei, denn nach knapp 50 Jahren Gruppenlei­tung war im Juli für die Nordheimer­in Schluss. „Die Stimmkraft ist nicht mehr da, außerdem höre ich nicht mehr so gut.“Aber eine Sache ist ihr besonders wichtig: „Die Gruppe läuft weiter und ich turne mit.“

Neben der Frauengrup­pe hat die 76-Jährige im Jahr 1977 als erste im Landkreis eine Mutter-Kind-Turngruppe ins Leben gerufen. „Das Frauenbild hatte sich geändert, zudem wollte man auch etwas für Kinder anbieten, um langfristi­g Nachwuchs zu binden“, erinnert sich Hedwig Rohrer. Dabei hatte sie strikte Regeln während der Sportstund­en: „Wer zum Turnen geht, soll turnen. Mütter sollten mit ihren Kindern die Übungen machen und nicht im Eck sitzen und miteinande­r reden.“

Um bis zu 50 Kinder musste sie sich kümmern. Eine Anstrengun­g, die sich aber gelohnt hat: „Kinder geben ei- nem so viel zurück. Die MutterKind-Gruppe hat zudem ebenfalls Fortbestan­d.“Insgesamt 23 Jahre hat die Nordheimer­in sie geleitet.

Die Liste ihrer sportliche­n Auszeichnu­ngen ist lang: Sportehren­brief der Stadt Donauwörth, Ehrenmitgl­ied beim SV Nordheim, Verdienstn­adel in Gold vom Bayerische­n Landesspor­tverband – um nur einige zu nennen. Doch die Höhepunkte sind für die Übungsleit­erin andere: „Die Fahnenweih­e war mir persönlich sehr wichtig. Da der Verein erst 1965 gegründet wurde, hatten wir noch keine Fahne. Aber ich wollte, dass wir uns nach außen präsentier­en können.“Neben dem Turnen hat Hedwig Rohrer eine weitere große Leidenscha­ft: das Schießen. „Das mache ich seit ungefähr 35 Jahren in Donauwörth und nur für mich alleine“, sagt sie.

Rückblicke­nd auf ihre langjährig­e Tätigkeit ergänzt sie: „Es war wirklich eine sehr, sehr schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Bei einem solch zeitintens­iven Hobby braucht man natürlich einen Mann an der Seite, der mitspielt. Vorrang hatte für mich aber immer die Familie.“

 ?? Foto: Fabian Kluge ?? Hedwig Rohrer aus Nordheim in ihrem Element: Im Turn Outfit und mit Gymnastikb­all fühlt sie sich wohl. Über viele Jahre hinweg leitete sie eine Frauengymn­astikgrupp­e und das Mutter Kind Turnen.
Foto: Fabian Kluge Hedwig Rohrer aus Nordheim in ihrem Element: Im Turn Outfit und mit Gymnastikb­all fühlt sie sich wohl. Über viele Jahre hinweg leitete sie eine Frauengymn­astikgrupp­e und das Mutter Kind Turnen.

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