Vom Opfer zur Täterin
„Der Tod und das Mädchen“behandelt packend ein moralisches Dilemma
Arte, 20.15 Uhr Eine Vergewaltigung kann in Deutschland verjähren. Was Recht ist, empfinden nicht alle auch als gerecht. Schon gar nicht, wenn das Opfer Jahrzehnte nach der Tat selbst auf der Anklagebank sitzt – verklagt vom damaligen Täter. Genau vor dieses Szenario stellt der „Der Tod und das Mädchen“die Fernsehzuschauer. Ein intensives Werk, das nicht nur wegen des moralischen Dilemmas in Erinnerung bleibt.
Denn von Beginn an wird klar: Vicky (Katharina Lorenz) leidet. Vor 30 Jahren wurde die damals Neunjährige von ihrem Nachbarn vergewaltigt – und 30 Jahre lang traute sie sich nicht, den Namen des Täters zu nennen. Dank neuester DNA-Technik hält Ermittler Bruno van Leeuwen (Peter Haber) nun den Beweis in den Händen. Der Täter wird festgenommen – und Vicky muss sich noch mehr mit der Vergangenheit beschäftigen, als ihr lieb ist. Von Beginn an ist aber auch klar: Der Täter, Piet Martens (Bruno Cathomas), kann nicht mehr bestraft werden. Zu lange ist die Vergewaltigung her. Dass Vicky ihrem Peiniger bei einem zufälligen Treffen im Polizeirevier eine Glasflasche über den Kopf zieht, ist dagegen ganz aktuell – und landet vor Gericht. Das Opfer wird zur Täterin.
Gerechtigkeit, Rache und der Drang nach Selbstjustiz treiben dabei die von starken Gefühlen geprägte Geschichte immer weiter voran. Durch die guten schauspielerischen Leistungen entsteht eine eindrückliche Stimmung. Hans Steinbichlers Film ist ergreifend und mitreißend, weil die Ausgangssituation so einfach und gleichzeitig brutal ist. Die Botschaft der Macher: Gefühle verjähren nicht.