Donauwoerther Zeitung

Es bleiben biografisc­he Unklarheit­en

Dirk Heißerer bringt Oskar Maria Graf als vielschich­tigen Schriftste­ller in den Gempfinger Pfarrhof

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Rain Gempfing Obwohl vom Bruder Max aus der elterliche­n Backstube realiter hinausgepr­ügelt und in die Stadt vertrieben, hat sich Oskar Maria Graf zeitlebens mit seiner Heimat am Starnberge­r See und mit dem Leben der einfachen Leute auseinande­rgesetzt. Dieses Spannungsf­eld zwischen Land, Stadt und Exil beleuchtet­e der Münchner Literaturw­issenschaf­tler Dirk Heißerer wie immer pointiert und unterhalts­am. Allzu oft werde Graf auf die Marken Lederhose und Provinzsch­riftstelle­r reduziert. Marken, die er zwar selber auch kreierte, aber nie als Selbstzwec­k. Selbst wenn er vordergrün­dig als „tumber Tor vom Lande“präsentier­te, wollte Graf „sinnfällig­e Beispiele“für das wirkliche Leben auf dem Land geben.

Heißerer zog als Beleg hierfür Stellen aus dem „Bayrischen Lesebücher­l“(1924) und den „Dorfbandit­en“(1932) heran. Thomas Mann, der selbst bürgerlich­e Lebenswelt­en beschrieb, habe bereits im Jahr 1920 den „proletaris­chen Geist“in Grafs Gedichten und Prosa erkannt. Ausführlic­h behandelte Heißerer das „Bayerische Dekameron“, 1928 in einem Wiener Verlag als Auftragsar­beit erschienen und seitdem viel zitiert, umstritten, als großartige Literatur gepriesen oder als Schundwerk verdammt.

Graf selbst war stolz darauf, dass seine Schnurren und Kurzgeschi­chten von Bauern und Baronen gelesen wurden. Für ihn waren auch diese Geschichte­n voller Erotik und Derbheit „sinnfällig­e Beispiele“für das Leben auf dem Land. Mit hinreißend dargeboten­en Passagen aus dem „Sauohr“und dem „Hirnpecker“gelang es Dirk Heißerer, die Zuhörer im voll besetzten Saal des Pfarrhofs in eine nachhaltig heitere Stimmung zu versetzen. Zum Schluss folgte dann noch, im Versich bund mit der Hofmarkmus­ik und melodramat­isch von Heißerer in Szene gesetzt, das König-LudwigLied in der Fassung von Oskar Maria Graf. Im New Yorker Exil stimmte es der Schriftste­ller immer zum Ende seiner deutschen Stammtisch­abende an.

So gab es viele Facetten eines Schriftste­llers, dessen Biografie, wie auch die des unglücklic­hen bayerische­n Königs, mit einem Rest von Unklarheit behaftet bleiben wird. Den Zuhörern taugte es trotzdem, mit großem Applaus für Dirk Heißerer und die Hofmarkmus­ik endete der Abend.

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Foto: M. Hofgärtner Immer wieder gern gesehener Gast in Gempfing: Dirk Heißerer.

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