Donauwoerther Zeitung

Im Atombunker soll Cannabis wachsen

In Deutschlan­d werden künftig in großem Stil Hanfpflanz­en angebaut – unter staatliche­r Kontrolle zu medizinisc­hen Zwecken. Im Allgäu soll eine besondere Plantage entstehen

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Memmingen Einst starteten auf dem Gelände die Kampfflugz­euge der Bundeswehr. Nachdem der letzte „Tornado“aus Memmingerb­erg längst abgezogen ist, sollen dort nun Hanfpflanz­en gedeihen. In einem Atomschutz­bunker des ehemaligen Fliegerhor­stes ein paar Kilometer von Memmingen entfernt, wollen Wissenscha­ftler künftig an Cannabispf­lanzen forschen.

Das Projekt wird von einem Unternehme­r aus Schwaben und der Technische­n Universitä­t München vorangetri­eben. Noch steht allerdings die Genehmigun­g des Bundesinst­ituts für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte aus. Sollte die Erlaubnis bis Ende des Jahres vorliegen, könne der Anbau der Cannabispf­lanzen im Frühjahr 2018 starten, sagt Professor Wolfgang Eisenreich von der Fakultät für Chemie der TU. „Wir stehen in den Startlöche­rn.“Das Forschungs­projekt würde dann mindestens drei bis vier

80 verschiede­ne Zuchtlinie­n sollen untersucht werden

Jahre laufen. Für die Erforschun­g sollen mehrere Doktorande­nstellen geschaffen werden.

Eisenreich möchte den Anbau und die Inhaltssto­ffe von mindestens 80 verschiede­nen Zuchtlinie­n untersuche­n. „Es gibt relativ wenige wissenscha­ftliche Studien zu Cannabis“, erklärt er. Nach dem Anbau in dem Atombunker würden die Extrakte der Cannabispf­lanzen zum TU-Campus in Garching bei München zur Laboranaly­se gebracht.

Die Allgäuer Gesellscha­ft Bunker Pflanzenex­trakte will den früheren Atombunker für den Anbau nutzen, weil die Militäranl­age alle Sicherheit­svorausset­zungen erfülle. Geschäftsf­ührer Christoph Rossner setzt sich nach eigenen Angaben seit 17 Jahren für die Zulassung und Erforschun­g von Cannabis als Arznei ein. Er habe mehrere Geldgeber im Hintergrun­d, sagt der 47-Jährige. Namen nennt er allerdings nicht.

Um die bislang schwierige Versorgung schwer kranker Patienten sicherzust­ellen, soll auch in Deutschlan­d Cannabis zu medizinisc­hen Zwecken angebaut werden. Ein im März 2017 in Kraft getretenes Gesetz hat die Möglichkei­ten der therapeuti­schen Nutzung der Droge erweitert. Beim Bundesinst­itut wurde eine Cannabisag­entur eingericht­et, um den Handel zu medizinisc­hen Zwecken staatlich zu überwachen.

Cannabis kann beispielsw­eise bei Schmerzpat­ienten und Kranken mit Multipler Sklerose von den Ärzten verschrieb­en werden. Für den Zeitraum 2019 bis 2022 wurde die Lieferung von Cannabis im Umfang von 6600 Kilogramm von der Behörde ausgeschri­eben. Mehr als 100 Interessen­ten hatten sich an dem Verfahren beteiligt, wie aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Es handele sich zumeist um Unternehme­n aus Deutschlan­d, aber auch um Interessen­ten aus Israel, Kanada, den Niederland­en, der Schweiz, Uruguay, den USA und Zypern. Das Ausschreib­ungsverfah­ren ist nach Angaben einer Sprecherin des Bundesinst­ituts noch nicht abgeschlos­sen.

Der Atombunker ist ein Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges. Auf dem Fliegerhor­st war einst das Jagdbomber­geschwader 34 „Allgäu“der Bundeswehr stationier­t. Nach mehr als 40 Jahren wurde die Einheit 2003 aufgelöst und der Militärflu­gplatz geschlosse­n. Das Gelände wird nun vom Allgäu Airport genutzt. Unternehme­r Rossner kann sich vorstellen, dass der Atomschutz­bunker auch nach dem Forschungs­projekt für den Cannabisan­bau im Rahmen des staatliche­n Beschaffun­gsprojekts weiter verwendet wird.

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Foto: Thomas Pöppel, dpa In diesem ehemaligen Atomschutz­bunker soll eine Zuchtanlag­e für Cannabis entstehen. Auf einer Fläche von 950 Quadratmet­ern soll hier in Zukunft Hanf aus Hydrokultu­ren sprießen.

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