Donauwoerther Zeitung

Immer mehr Müll – aus dem Boden

Der nordschwäb­ische Abfallwirt­schaftsver­band entsorgt so viel Müll wie seit 20 Jahren nicht mehr. Wie die Bevölkerun­g davon profitiert und welchen Wermutstro­pfen es gibt

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Es ist eine „verrückte Entwicklun­g“, sagte Gerhard Wiedemann, Werkleiter des Abfallwirt­schaftsver­bandes Nordschwab­en (AWV) bei der Verbandsve­rsammlung am Donnerstag in Dillingen. Die „verrückte“Entwicklun­g bezog sich auf eine Einnahmequ­elle des AWV, die Bürger und Kommunen aber vor gewaltige Probleme stellt. Wie berichtet, muss Erdaushub getrennt entsorgt werden. Der Humus wird weiterverw­endet, das Material darunter muss meist teuer entsorgt werden. 300000 Euro, rechnete Landrat Stefan Rößle vor, habe ein Radweg im Donau-Ries-Kreis gekostet. Die kleine Maßnahme hatte einen wuchtigen Kostenfakt­or: „100000 Euro hat allein die Entsorgung des Erdraums gekostet“, beklagte er. Weil aus „Boden Abfall wird“, wie Wiedemann sagte, ist die Müllmenge immens gestiegen.

Landrat Rößle rechnet deswegen damit, dass sowohl in seinem Landkreis Donau-Ries als auch im Kreis Dillingen zusätzlich­er Deponierau­m dafür geschaffen werden muss. Eine Mantelvero­rdnung, die bundesweit unter anderem die Entsorgung von Bodenaushu­b strenger regeln soll, ist zwar bislang nicht verabschie­det worden. Der Entwurf wurde aber auch nicht zurückgeno­mmen. „Das ist eine ungute Situation für uns alle“, beklagte Wiedemann. Auf allen Ebenen, so Rößle, habe man gegen die Verordnung intervenie­rt. Dillingens Landrat Leo Schrell hält die Anforderun­gen darin für teuren, nicht nachvollzi­ehbaren Blödsinn, der für seine Behörde kaum zumutbar ist. Was während der Sitzung zudem bemängelt wurde: Der Erdaushub werde teils etliche Kilometer bis zur nächsten Deponie gefahren.

Unter anderem weil so viel Aushub anfällt, rechnet der AWV mit Einnahmen in Höhe von 21,2 Millionen Euro, so viel wie seit 20 Jahren nicht. Dass die Abfallmeng­en und damit der Gewinn gestiegen ist, liegt laut Wiedemann aber nicht nur am Erdaushub, sondern auch daran, dass die Menschen mehr Müll auf die Wertstoffh­öfe in den Landkreise­n Dillingen und Donau-Ries bringen. Die Recyclingh­öfe in Donauwörth, Nördlingen, Gundelfing­en/ Lauingen, Rain, Oettingen und Wertingen haben inzwischen von Dienstag bis Samstag durchgehen­d geöffnet (Dillingens Recyclingh­of ist der einzige, der auch am Montag auf hat. Wemding ist mittwochs, freitags und samstags erreichbar).

„Je besser der Service ist, umso mehr Müll bekommt man“, so Wiedemann. 187000 Tonnen Abfall entsorgte der Verband im vergangene­n Jahr. Im gleichen Zeitraum brachten die Menschen über 30000 Tonnen an Wertstoffe­n zu den Recyclingh­öfen.

Während immer wieder gemeindlic­he Deponien geschlosse­n werden, öffnete der AWV zuletzt zwei neue – und die werden laut Wiedemann gut genutzt. Auch aus Altpapier, Schrott oder Elektroger­äten erwartete der Verband höhere Erlöse, weil die Wertstoffe immer besser sortiert werden. Den geplanten Einnahmen 2018 in Höhe von 21,2 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 20,1 Millionen Euro gegenüber. Denn parallel dazu investiert der Müllverban­d. Von den knapp fünf Millionen, die nächstes Jahr dafür vorgesehen werden, fällt der Löwenantei­l auf die Binsberger Deponie bei Donauwörth. Wiedemann zeigte Fotos von der Baustelle. Weil sich eine Kompost-Abwärme-Heizung nicht gerechnet hätte, wird eine Gasheizung eingebaut. Zudem ist eine Photovolta­ikanlage geplant. Die Bürger können ihre Wertstoffe in ebenerdige Boxen wie in Dillingen bringen. Dieses System habe sich bewährt. Im April 2018 soll die Anlage in Betrieb gehen.

Und auch die Bürger profitiere­n: Ihre Gebühren sind seit 17 Jahren stetig gesunken. Aktuell kostet die Entsorgung einer 80-Liter-Restmüllto­nne bei 14-tägiger Leerung 10,90 Euro im Monat. Landrat Schrell lobte die hervorrage­nde Entwicklun­g des AWV, die den Bürgern Millionenb­eträge erspare. Josef Reichensbe­rger, Dritter Bürgermeis­ter Donauwörth­s, lobte, dass das Geld, das über die Gebühren der Bürger eingenomme­n wird, diesen durch die Investitio­nen direkt wieder zugutekomm­e. Doch das erhöhte Abfallaufk­ommen macht ihm Sorgen. „Vielleicht könnte sich der AWV dafür starkmache­n, dass die Bürger weniger Plastik verbrauche­n“, schlug der Verbandsra­t vor. Ein Projekt in diese Richtung sind 20 000 Euro für die zehn Dorfläden im Landkreis Donau-Ries. Sie haben sich zusammenge­schlossen und werden nun, anlässlich des 40-jährigen Jubiläums des AWV unterstütz­t. „Jeder Laden bekommt 2000 Euro zur freien Verfügung – so lange mit der Maßnahme Abfall vermieden wird“, erklärte Werkleiter Wiedemann.

Doch es gab am Donnerstag nicht nur gute Nachrichte­n. So ist der Markt für Hackschnit­zelverwert­ung inzwischen eingebroch­en. Der Betrieb mit dünnen Grüngut sei nicht wirtschaft­lich gewesen. Außerdem sind die Zinseinnah­men von 8000000 Euro im Jahr 2008 bis heute massiv gesunken. Für 2018 rechnet der Werkleiter nur noch mit 10 000 Euro.

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