Donauwoerther Zeitung

Viele Firmen suchen händeringe­nd Nachwuchs

Kammern melden über 3300 abgeschlos­sene Ausbildung­sverträge in Nordschwab­en. Was Jugendlich­e wollen

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Für fast alle Unternehme­n sind es zentrale Fragen: Wie gewinnen sie neue Auszubilde­nde und halten sie dann auch im Betrieb. Seit mehreren Jahren gibt es mehr Ausbildung­sstellen als Interessen­ten und die Schere geht immer weiter auseinande­r, wie die Statistik der Bundesagen­tur für Arbeit Donauwörth zeigt. Diese ist für Nordschwab­en bis hinüber nach Günzburg und Neu-Ulm zuständig. „Letztmals gab es im Ausbildung­sjahr 2010/11 mehr Bewerber. Aktuell verzeichne­n wir 4683 gemeldete Ausbildung­splätze und 3750 Interessen­ten“informiert Richard Paul, Chef der Arbeitsage­ntur.

Dass sich die Firmen strecken müssen, bestätigt auch Matthias Christ, kaufmännis­cher Leiter des Autohauses Abel+Ruf. Besonders schwierig sei es rund um Donauwörth, berichtet er. Dort gebe es viele Firmen mit IG-Metall-Tarif, den kleinere Unternehme­n wie sein Arbeitgebe­r nicht bieten könnten, sagt er. Die von seinem Unternehme­n ausgebilde­ten Mechatroni­ker seien dort sehr gefragt. An den Niederlass­ungen Dillingen und Nördlingen sei es etwas einfacher, sich im Wettbewerb um den Nachwuchs zu behaupten. Das liege auch an der Nähe von Donauwörth zu Augsburg, ergänzt er. In dem Autohaus stellten gestern die Arbeitsage­ntur, die Industrie- und Handelskam­mer Schwaben (IHK) sowie die Handwerksk­ammer Schwaben (HWK) ihre Zahlen vor. Josefine Steiger, Leiterin des Bereiches Ausbildung bei der IHK, verwies darauf, dass das Autohaus mit seinen 220 Mitarbeite­rn und 53 Auszubilde­nden noch relativ gut aufgestell­t sei. „Sie haben die personelle Stärke, um sich beispielsw­eise auf Jobmessen zu präsentier­en und wahrgenomm­en zu werden. Das können Kleinstbet­riebe mit wenigen Mitarbeite­rn und ein oder zwei Lehrlingen nicht leisten.“

Laut Steiger gibt es im Agenturbez­irk vor allem in der Gastronomi­e und Hotellerie Nachwuchsp­robleme. Im Allgäu seien viele dieser Stellen mit Asylbewerb­ern besetzt worden, das sei in Nordschwab­en nicht gelungen. Vor allem in Donauwörth und Günzburg ist die Situation demnach sehr angespannt. Die IHK registrier­te dieses Jahr im Bereich der Arbeitsage­ntur Donauwörth rund 2200 Ausbildung­sverträge und die HWK über 1100. Während dies bei der IHK ein leichter Rückgang ist, verzeichne­t die HWK einen Anstieg um über zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Noch deutlicher fällt die Statistik der Handwerksk­ammer für den Landkreis Donau-Ries aus. Hier steht ein sattes Plus von über 20 Prozent in der Statistik. „Das ist zum einen darauf zurückzufü­hren, dass sich wieder mehr Jugendlich­e für eine Lehre anstelle eines Studiums entscheide­n, zum anderen gibt es von Jahr zu Jahr Schwankung­en. 2016 beispielsw­eise hatten wir einen Rückgang bei den abgeschlos­senen Verträgen im Vergleich zu 2015“, sagt Anette Göllner, bei der HWK zuständig für das Thema Ausbildung.

Aus Sicht der Kammern ist nach wie vor ein Problem, dass das Abitur und ein Studium von vielen als beste Option für berufliche­n Erfolg angesehen werden und die Verdienstm­öglichkeit­en in Ausbildung­sberufen unterschät­zt werden. Viele Firmen stellten zudem inzwischen auch schwächere Kandidaten ein. Diese seien beispielsw­eise als Maschinenu­nd Anlagenfüh­rer gefragt, berichtet Steiger. Hinzu komme, dass bei diesen Mitarbeite­rn die Chance größer sei, dass sie nicht nach der Lehre das Unternehme­n verlassen und noch mal die FOS/BOS besuchen oder studieren gehen.

Die beste Werbung sei aber immer noch die Mundpropag­anda, betont Steiger. „Wenn ein Auszubilde­nder den eigenen Betrieb im Freundeskr­eis oder Internet positiv bewertet, ist das die beste Werbung von allen. Deswegen ist es wichtig, auf die Bedürfniss­e einzugehen.“Dazu gehört laut Anette Göllner von der Handwerksk­ammer ebenfalls, dass die aktuelle Generation mehr Anleitung, Feedback und Spaß wolle und ein gutes Betriebskl­ima oftmals entscheide­nder sei als das Gehalt.

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Foto: Christian Mühlhause Die Auszubilde­nde Yvonne Kraus wuchtet beim Autohaus Abel+Ruf in Donauwörth Reifen aus.

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