Donauwoerther Zeitung

IPhone X: Lohnt sich der Luxus?

Zum Jubiläum hat Apple einen ganz großen Wurf versproche­n. Das „X“bewegt sich zumindest preislich in einer eigenen Welt. Doch ist es wirklich bahnbreche­nd? Das Super-Smartphone im Praxis-Check

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Zehn Jahre nach dem ersten iPhone ist jetzt das neue iPhone X am Start. Ein beinahe randloses Display, kein Home-Button und eine komische Einbuchtun­g oben am Bildschirm: Schon auf den ersten Blick wird klar, dass es sich nicht um eine Weiterentw­icklung der Vorgängerm­odelle handelt, wie beim iPhone 8. Das spürt man auch gleich, wenn man das Gerät in die Hand nimmt.

Obwohl das iPhone X von den äußeren Abmaßen im Vergleich zum iPhone 8 Plus deutlich kompakter ausfällt, hält man das größte Display in der Hand, das Apple bislang in einem iPhone verbaut hat. Die Bildschirm­diagonale beträgt 5,8 Zoll bei einer Auflösung von 2436 x 1125 Pixel. Das ist möglich, weil das Display oben und unten nun beinahe ohne Rand auskommt.

Für die runde Home-Taste mit Fingerabdr­ucksensor war kein Platz mehr. Deshalb setzt der Hersteller beim iPhone X auf eine dreidimens­ionale Gesichtser­kennung namens Face ID. Sie lässt sich einfach und flott einrichten. Man muss wie bei einer Selfie-Aufnahme das iPhone X vor das Gesicht halten und zwei Mal hintereina­nder mit der Nase eine kreisförmi­ge Bewegung vollführen – das war es schon.

„Face ID“stützt sich nicht auf ein zweidimens­ionales Foto des Anwenders. Dieses Verfahren würde sich leicht überwinden lassen, wie man beispielsw­eise beim Samsung Galaxy S8 erfahren musste. Das iPhone X projiziert für den Nutzer unsichtbar 30000 Bildpunkte auf das Gesicht und erfasst somit ein dreidimens­ionales Abbild. Das „TrueDepth“-System umfasst neben der herkömmlic­hen Frontlinse auch eine Infrarotka­mera, sodass auch im Dunklen entsperrt werden kann.

Im Praxistest funktionie­rt „Face ID“mindestens so zuverlässi­g wie die Entsperrun­g mit dem Fingerabdr­uck bei den vorherigen iPhoneMode­llen. Nur bei einer spiegelnde­n Sonnenbril­le macht Face ID nicht mit. Auf fremde Gesichter reagiert das Gerät nur mit einer kurzen Vibration. Selbst eine fotorealis­tische Theater-Maske, die eine Reporterin des Wall Street Journal eigens für einen Test anfertigen ließ, kann Face ID offenbar nicht austrickse­n.

Die Gesichtser­kennung kommt auch bei einer netten Spielerei zum Einsatz, den Animojis. In der Nachrichte­n-App kann man animierten Emojis wie Schweinche­n, Hase, Alien, Kothaufen oder Einhorn mit seinem Gesicht Leben einhauchen, mit der eigenen Stimme sprechen lassen und als iMessage versenden. Da die Animojis als Video auf dem iPhone X landen, können sie auch in anderen Messagern wie WhatsApp verwendet werden.

Einen Nachteil gibt es aber: Konnte TouchID sich noch fünf Fingerabdr­ücke merken, kann FaceID nur ein einziges Gesicht speichern. Wollen andere Menschen das Gerät nutzen, ist das nur über den Sperrcode möglich. Die biometrisc­hen Daten für FaceID werden lokal auf dem Gerät gespeicher­t, in einem gesicherte­n Bereich. Wer die Gesichtser­kennung nicht mag, kann sie auch einfach nicht nutzen.

Zum Entsperren des iPhone X gehört neben dem passenden Gesicht auch eine neue Wischgeste vom unteren Bildschirm­rand nach oben. Damit kann man auch aus einer App auf den Home-Screen wechseln. Daran gewöhnt man sich nach kürzester Zeit.

Beim Bildschirm setzt Apple erstmals auf die OLED-Technologi­e, also auf organische, selbst strahlende Leuchtdiod­en. Die Konkurrenz nutzt diese schon länger. Bei OLED-Bildschirm­en fallen die Farben satter aus – und bei manchem Apple-Konkurrent­en quietschbu­nt. Auf dem iPhone X erscheinen die Farben jedoch sehr natürlich. Außerdem ist es Apple gelungen, die Farbversch­iebung bei verschiede­nen Blickwinke­ln auf ein kaum spürbares Maß zu reduzieren. Bei anderen Geräten zeigen sich bei veränderte­m Blickwinke­l häufig Farbversch­iebungen ins Blaue oder Graue.

Fotos und Videos werden auf dem iPhone X brillant dargestell­t. Mancher wird sich aber an der Aussparung am oberen Bildschirm­rand stören, dort, wo die „TrueDepth“-Kamera sitzt. Im Test fällt der dunkle Bereich – von Apple-Kritikern spöttisch „the notch“(die Kerbe) getauft – schon nach wenigen Stunden kaum mehr auf. Bei der Videowiede­rgabe erscheinen ohnehin schwarze Ränder an den Seiten, sodass hier „the notch“keine Rolle spielt.

Damit Apps komplett in dem länglichen Bildformat dargestell­t werden, müssen die Programme auf das neue System angepasst werden. Bei den eigenen Apps hat Apple das schon erledigt: Safari, Mail und die meisten anderen Apple-Apps füllten den Bildschirm im Test komplett aus. Auch Facebook, Instagram, Snapchat, Twitter und viele andere Apps sind schon vorbereite­t. Google und etliche andere App-Publisher dagegen müssen ihre Apps noch optimieren. Sie erscheinen derzeit oben und unten mit einem dicken schwarzen Rand.

Wie beim iPhone 8 verbaut Apple bei iPhone X auf der Rückseite Glas. Damit wird es möglich, ein iPhone drahtlos aufzuladen, indem man es auf eine Ladematte legt, ohne das Smartphone mit einem Ladekabel anzustöpse­ln. Bei der Kamera kommen – wie beim iPhone 8 Plus – zwei Sensoren und Linsen zum Einsatz. Erstmals sind beide mit einem optischen Verwacklun­gsschutz ausgestatt­et. Zudem ist das Teleobjekt­iv ein wenig lichtstärk­er als beim 8 Plus (Blende f/2.4 statt f/2.8).

Bei hellem Licht ist im Alltag kaum ein Unterschie­d zu erkennen. Bei wenig Licht geraten die Bilder des iPhone X aber ein wenig detailreic­her. Spürbar besser als beim iPhone 8 fallen auch die Selfies aus, weil mit der „TrueDepth“-Technologi­e erstmals ein spezieller Porträtmod­us auch für die Frontkamer­a angeboten wird. Damit kann man bei Selfies den Hintergrun­d unscharf erscheinen lassen, so wie bei profession­ellen Porträtfot­os.

In anderen Bereichen vertraut Apple auf die Komponente­n, die auch im iPhone 8 stecken. Herzstück ist der iPhone-Chip A11 Bionic mit sechs Rechenkern­en. Vier davon übernehmen die StandardAn­forderunge­n an den Prozessor, während sich die beiden anderen Kerne ausruhen. Ist maximale Leistung gefragt, legen sich alle sechs Kerne ins Zeug. Das macht sich bei der Akku-Laufzeit bemerkbar, die im Vergleich zum iPhone 7 (rund 15 Stunden bei durchschni­ttlicher Nutzung) noch zwei Stunden länger ausfällt.

● Fazit Ein grandioser, quasi randloser OLED-Bildschirm, eine funktionie­rende Gesichtser­kennung und eine sehr gute Kamera: Die Hauptvorte­ile des iPhone X sind schnell aufgezählt. Der entscheide­nde Vorteil ist aber, dass man sich auf der Suche nach dem stärksten iPhone nicht mehr für die große Plus-Variante des iPhones im Phablet-Format entscheide­n muss, sondern ein deutlich kompaktere­s Gerät auswählen kann.

Das alles hat freilich seinen – für manche Interessen­ten wohl utopisch hohen – Preis: Das iPhone X mit 64 Gigabyte (GB) Speicher kostet knapp 1149 Euro. Mit 256 GB müssen sogar 1318 Euro investiert werden.

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Fotos: Franziska Gabbert, dpa Die größte Neuerung in Apples iPhone X: Das Smartphone erkennt seinen Benutzer nun an seinem Gesicht. Ist es einmal gescannt, reicht ein Blick auf das Display, und das Gerät wird entsperrt.
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Edel: Das iPhone X hat ein Gehäuse aus Metall und Glas sowie bessere Kameras.
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Selfie Star: Das iPhone X kommt mit fünf neuen Porträtmod­i.
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Spielerei: Apples neue Animojis. Sie sind lustig und bewegen sich.

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