Donauwoerther Zeitung

Alte Pfeifen erzeugen neuen Klang

Die Orgel in Sankt Barbara wird gereinigt und gestimmt. Wie eine unverhofft­e Entdeckung romantisch­e Töne in die Stadt zurückbrin­gen soll

- VON FABIAN KLUGE

Harburg Seit Ende Juni ist es deutlich ruhiger in der Harburger Altstadt. Denn die historisch­e Orgel der evangelisc­hen St.-Barbara-Kirche fehlt. Manche Töne erklangen in den vergangene­n Jahren nur noch halb, andere gar nicht mehr. Deshalb kam ein Orgelexper­te im Jahr 2012 zu dem Ergebnis, dass das Instrument dringend gereinigt werden sollte, erinnert sich Pfarrer Udo Molinari.

Doch der Sachverstä­ndige stellte noch etwas anderes fest: Die Orgel, die aus dem Jahr 1889 stammt, ist ein Werk der Firma Steinmayer aus Oettingen. Diese hatte zu jener Zeit eine Blütephase, sodass es sich bei dem Instrument in Harburg um eine Orgel von hoher Qualität handle, die unbedingt erhaltensw­ert sei, so der Fachmann.

Dunkle und breite – und somit romantisch­e – Töne gab die Steinmayer-Orgel von sich. Ein Klangbild, das mit den Vorstellun­gen in 1970er-Jahren nicht übereinsti­mmte. Daher veränderte eine andere Firma 1971 während der damaligen Sanierung die Klangfarbe: Heller und leichter sollte sie sein, eher barock. Einige Pfeifen wurden entfernt, doch zufriedens­tellend war das Ergebnis letztlich nicht.

Der Experte regte daher vor fünf Jahren an, den originalen Klang der Steinmayer-Orgel wiederherz­ustellen. Dafür benötige man lediglich die ausgebaute­n Pfeifen. Doch genau hier lag das Problem: Diese waren nirgends mehr zu finden. Auch die Firma Steinmayer, die heute nur noch ein Lager besitzt, konnte die wichtigen Bestandtei­le nicht auftreiben. Deshalb hätten die historisch­en Pfeifen neu gegossen werden müssen – für rund 40 000 Euro. „Zu viel für uns. Die Orgel musste sich sowieso schon gedulden, da wir zwei andere Großprojek­te verwirklic­hten: Das Gemeindeha­us und das neue Pfarrhaus“, erklärt Molinari.

Die Verantwort­lichen haben sich daher entschiede­n, das Instrument lediglich reinigen und stimmen zu lassen und damit die wohl einmalige Chance verstreich­en zu lassen. Doch beim Ausbau der Orgel machten die Sachverstä­ndigen eine unverhofft­e Entdeckung: „Die Originalpf­eifen waren an anderer Stelle verbaut, was eine sogenannte Rückführun­g, also die Wiederhers­tellung des ursprüngli­chen Klanges, wieder ermöglicht­e“, sagt der Pfarrer. Nachdem auch das Landesamt für Denkmalpfl­ege, die Firma Märker, die Stadt und Banken finanziell­e Hilfe zugesagt hatten, habe man sich für die einzigarti­ge, wenn auch teure Möglichkei­t entschiede­n: „Insgesamt kostet das Vorhaben knapp 70 000 Euro“, erklärt Molinari.

Beauftragt ist die Orgelbaufi­rma Kubak aus Augsburg. Deren Geschäftsf­ührer Robert Knöpfler spricht ebenfalls von einer Rarität. „Wir versuchen, die Pfeifen nach Originalma­ß wiederherz­ustellen. Fehlende Pfeifensät­ze, sogenannte Register, vergleiche­n wir mit ähnlichen Stücken aus der Zeit und wolden len diese möglichst originalge­treu nachempfin­den.“Bis die neue alte Orgel wieder in St. Barbara ertönt, stehen noch viele Arbeiten an. „Die Pfeifen werden in einer Werkstatt im Hinblick auf Ton und Stärke gerichtet. Anschließe­nd bauen wir sie in die Orgel ein und testen im Raum nochmals jeden Ton. Für ein Register brauchen wir einen Tag – besagtes Instrument hat 14 Register“, sagt Knöpfler. Daher gehe der Geschäftsf­ührer davon aus, dass die Orgel im Januar oder Februar wieder in Betrieb genommen werden könne.

An Weihnachte­n muss die Gemeinde also auf ein Ersatzinst­rument zurückgrei­fen. „Damit können unsere drei Organisten zwar weniger Bässe spielen, aber wir haben sowohl einen Kirchen-, als auch einen Posaunench­or“, zeigt sich Karl Martin Graß aus dem Kirchenvor­stand optimistis­ch. Und Pfarrer Molinari ergänzt: „Dann liegt der Fokus eben vermehrt auf dem Gesang.“

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Foto: Fabian Kluge Pfarrer Udo Molinari freut sich bereits darauf, wenn die Steinmayer Orgel mit dem neuen alten Klang wieder zurück in der St. Barbara Kirche in Harburg ist. Er hält eine Me tall und eine Holzpfeife. Im Hintergrun­d ist der leere Corpus zu sehen, in dem...

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