Donauwoerther Zeitung

Voller Lebensfreu­de und Melancholi­e

Traditione­lle jiddische Lieder und Klezmermus­ik im Thaddäus

- VON ANDREA HUTZLER

Kaisheim Kein Geringer als der große russische Komponist Dimitri Schostakow­itsch erkannte, dass die Musik der Juden Osteuropas auf unwiderste­hliche Weise in den Bann zieht: „Sie erscheint heiter, erweist sich jedoch zugleich als tragisch. Sie ist wie ein Lächeln unter Tränen.“Die russisch-jüdische Sängerin Valeriya Shishkova und das Duo „Di Vanderer“(Sergey Trembitski­y, Klavier und Flöte, und Gennadiy Nepomnjasc­hiy, Klarinette) gaben im Thaddäus unter dem Motto „Mir gejen zusammen“eine Kostprobe dieses Kulturgute­s.

Klezmer ist keine Musik, die sich brav präsentier­t und der man nur andächtig zuhören darf. Ganz im Gegenteil: Sie steckt voller Emotionen, spricht aus der Seele und erreicht auf diese Weise die Zuhörer. Die Lieder stecken voller Melancholi­e und verträumte­r Fantasie, versprühen aber auf der anderen Seite eine immense Lebensfreu­de und Vitalität. Diese Ambivalenz zwischen Ernsthafti­gkeit und Melancholi­e auf der einen und Fröhlichke­it auf der anderen Seite verstanden Valeriya Shishkova und das Duo Di Vanderer authentisc­h zu vermitteln. In den jiddischen Liedern fand die Sängerin zu ihren eigenen Wurzeln und sie besitzt mit ihrer warmen und weichen Stimme ein besonderes Talent dafür, den Inhalt der Lieder für das Publikum erlebbar zu machen. Mit ungeheurer Ausdrucksf­ähigkeit, spürbarer Authentizi­tät und enormer Wandlungsf­ähigkeit sang sie von Lebensumst­änden und -einstellun­gen der ostdeutsch­en Juden, wobei das Publikum die Stimmung des Liedes anhand der differenzi­erten Mimik und dem nuancenrei­chen Vortrag bestens nachempfin­den konnte.

Das Ensemble intonierte sowohl traditione­lle jiddische Lieder und Klezmerstü­cke, als auch zeitgenöss­ischere Vertonunge­n nach Texten jiddischer Autoren. Zu seinem Repertoire gehören unter anderem Kompositio­nen nach Gedichten der israelisch­en Dichter Itzik Manger (gestorben 1969) und des zeitgenöss­ischen Schriftste­llers Lev Berinsky, die beide zu den wenigen und möglicherw­eise letzten Autoren gehören, die nicht in Hebräisch, sondern in jiddischen Sprache schreiben beziehungs­weise geschriebe­n haben.

Im Duo „Di Vanderer“fand die Sängerin Valeriya Shishkova ebenbürtig­e Partner. Die beiden Vollblut-Musiker agierten souverän, umspielten dezent, ausdruckss­tark und agierten überzeugen­d in den instrument­alen Klezmerstü­cken. Mal stürmen sie mit temperamen­tvoller Tongebung frech-fulminant aufeinande­r los, mal entführen sie die Zuhörer mit elegischen Tongirland­en der Klarinette in verträumte Fantasiewe­lten. Hörgenuss pur!

 ?? Foto: Hutzler ?? Kongeniale Musiker im Trio: Valeriva Shishkova, Sergey Trembitski­y (Klaviert) und Gennadiy Nepomnjasc­hiy.
Foto: Hutzler Kongeniale Musiker im Trio: Valeriva Shishkova, Sergey Trembitski­y (Klaviert) und Gennadiy Nepomnjasc­hiy.

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