Donauwoerther Zeitung

Wie der rechte AfD Flügel seine Macht ausbauen will

Auf dem Parteitag am Wochenende dürfte es hoch hergehen: Plant Gauland eine Kampfkandi­datur?

- VON MARTIN FERBER Bild-Zeitung

Berlin Der Antrag mit der Nummer „BS-41“auf Seite 69 des 177-seitigen Antragsbuc­hes kommt ganz unscheinba­r daher. Und doch ist er so brisant, dass er den Parteitag der AfD am Samstag und Sonntag in Hannover maßgeblich bestimmen und heftige Debatten auslösen wird. Denn was der Landes- und Fraktionsc­hef der AfD in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, der zu den Frontmänne­rn des rechten Flügels umBjörnHöc­keundAlexa­nderGaulan­d gehört, fordert, wäre eine Revolution in der noch jungen Partei: die Abschaffun­g der Doppelspit­ze.

Vordergrün­dig will Poggenburg die Satzung so ändern, dass an der Spitze der Partei nicht, wie bisher, „zwei oder drei Bundesspre­cher“stehen sollen, sondern „ein bis drei Bundesspre­cher“. Gleichzeit­ig soll die Zahl der Stellvertr­eter von drei auf vier erhöht werden. Das klingt nur auf den ersten Blick harmlos. Denn es könnte die Machtverhä­ltnisse in der Partei dauerhaft verschiebe­n und den Einfluss des rechten Flügels deutlich vergrößern.

Die Chancen dafür sind günstig. Nachdem die bisherige Parteichef­in Frauke Petry am Tag nach der Bundestags­wahl ihren Austritt aus der AfD bekannt gegeben und mittlerwei­le eine eigene Partei („Die Blauen“) gegründet hat, steht nur noch der Baden-Württember­ger Jörg Meuthen an der Spitze.

Der Wirtschaft­sprofessor, der vor zwei Jahren als Protagonis­t des gemäßigten wirtschaft­sliberalen Flügels gewählt wurde, hat sich längst mit Höcke, Gauland und Poggenburg verbündet und vertritt deren Positionen. Er soll nach deren Willen auch Parteichef bleiben, auch wenn es in der Partei Kritik an seinem Doppelmand­at im Landtag von Baden-Württember­g und im Europaparl­ament gibt. Doch im Gegensatz zu Petry habe er stets versucht, „integrativ zu wirken“, lobt ihn Poggenburg. Willkommen­er Nebenaspek­t: Für Poggenburg selber wäre der Weg für den zusätzlich geschaffen­en vierten Vize-Posten frei.

Doch es gibt zwei Probleme für den rechten Flügel, die das Szenario verhindern könnten: Zum einen ist für eine Satzungsän­derung eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig, die Doppelspit­ze gilt vielen Mitglieder­n als unantastba­r. Zum anderen hat der Berliner AfD-Landes- und Fraktionsc­hef Georg Pazderski vom gemäßigten Flügel angekündig­t, zusammen mit Meuthen die Partei führen und für die Petry-Nachfolge kandidiere­n zu wollen. Der frühere Bundeswehr-Oberst führt die AfDFraktio­n im Berliner Abgeordnet­enhaus bislang ruhig und skandalfre­i. Sein Landesverb­and betreibt eine sachliche Opposition­spolitik gegen den rot-rot-grünen Senat, sodass in Berlin bereits über eine potenziell­e Koalition aus CDU, FDP und AfD spekuliert wird.

Vor allem aber, und das ist den Rechten ein Dorn im Auge, hatte sich Pazderski Anfang des Jahres für das Parteiauss­chlussverf­ahren gegen Höcke stark gemacht. Pazderski selber begründet seine Kandidatur damit, er wolle den „Profession­alisierung­skurs“der AfD voranbring­en. Dazu gehöre „ausdrückli­ch auch die Option, Regierungs­verantwort­ung zu übernehmen“.

Das aber ist eine Kampfansag­e an den rechten Flügel, der nicht Teil dieses politische­n Systems werden will. Um eine Wahl von Pazderski zum Parteichef zu verhindern, erwägt nun auch der starke Chef der Bundestags­fraktion, Alexander Gauland, sich um die Petry-Nachfolge zu bewerben. Bislang hatte er dies stets abgelehnt und sich mit dem Stellvertr­eterposten begnügt. Nach einem Bericht der

sei die Entscheidu­ng für Gaulands Kandidatur bei einem „Geheimtref­fen wichtiger Vertreter des Rechtsauße­n-Flügels“der AfD gefallen. Nur der in der Partei „hoch angesehene“Gauland sei in der Lage, den liberalen Berliner AfD– Mann zu schlagen, hieß es. Pazderskis Wahl zum Parteichef müsse unter allen Umständen verhindert werden. Gauland selber wollte dies weder bestätigen noch dementiere­n und seine Entscheidu­ng vom Verlauf des Parteitags abhängig machen: „Um es wie Franz Beckenbaue­r zu sagen: Schau’n wir mal, dann seh’n wir schon.“

 ?? Foto: Julian Strate, dpa ?? Spekulatio­n über Kampfkandi­datur: Fraktionsc­hef Alexander Gauland (links) und der Berliner Landeschef Georg Pazderski.
Foto: Julian Strate, dpa Spekulatio­n über Kampfkandi­datur: Fraktionsc­hef Alexander Gauland (links) und der Berliner Landeschef Georg Pazderski.

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