Gemischte Teams für die Geselligkeit
Mit der neuen Sportordnung bildet der Schützenbund zwei neue gemischte Disziplinen. Warum die Geschlechtertrennung in anderen aber durchaus sinnvoll ist
Landkreis Spätestens seit den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio ist klar: Die deutschen Schützinnen stehen ihren männlichen Kollegen in nichts nach. Barbara Engleder, Monika Karsch und Lisa Unruh drängten mit ihren Medaillengewinnen – und vielleicht auch mit ein bisschen Charme – die beiden deutschen Gold-Gewinner Henri Junghänel und Christian Reitz ein klein wenig in den medialen Hintergrund. Die Frauen können erfolgsmäßig also durchaus mit den Männern mithalten, die Topsportlerinnen schießen sogar im Training gemeinsam mit ihren männlichen Teamkollegen. „Da gibt es leistungsmäßig auch nur wenig Unterschiede“, bestätigt Franz Müller, Sportleiter im Gau Donau-Ries. Warum also nicht generell gemischte Wettkämpfe zulassen? Einen kleinen Schritt in diese Richtung ist nun der Deutsche Schützenbund gegangen. In seiner neuen Sportordnung für 2018 hat der Verband festgelegt, dass in den Disziplinen 15-Meter-Zimmerstutzen und 100-Meter-Kleinkalibergewehr nun bei Meisterschaften auch gemischte Teams zugelassen sind.
Grund dafür ist aber nicht unbedingt, dass die Geschlechtertrennung vermieden werden soll. Bei den vergangenen Bezirksmeisterschaften traten in den beiden Disziplinen nur etwa fünf bis sechs Mannschaften an. Der Sportbund will nun die Anzahl der Klassen bei den Meisterschaften reduzieren. Deshalb entschied er, Disziplinen mit wenigen Frauenteams zu gemischten zu machen.
Im Rundenwettkampf mit dem Luftgewehr im Gau Donau-Ries gibt es ebenfalls keine Geschlechtertrennung. Das war nicht immer so. „Früher gab es einen reinen Damen-Rundenwettkampf, aber die Beteiligung war zu schwach, deshalb wurde er vor etwa zehn Jahren abgeschafft“, erinnert sich Gaudamenleiterin Gabi Schwertberger. Deshalb wird hier nun ausschließlich in gemischten Teams geschossen. Mit dem Luftgewehr haben Frauen auch keine Nachteile gegenüber Männern, ganz im Gegenteil: „Frauen haben meist kürzere Arme und dadurch einen kleineren Winkel zum Gewehr. Sie wiegen außerdem oft weniger und schwanken deshalb nicht so leicht wie große Männer“, erklärt Müller.
Mit der Pistole sieht das jedoch ganz anders aus. „Man braucht eine ganz andere Kraft gegenüber dem Gewehr, da man die Waffe frei halten muss“, sagt Schwertberger und führt weiter aus, „mit dem Gewehr braucht man fast gar keine Kraft, der Körper bildet die Stütze für die Waffe, der Ellenbogen ist an der Hüfte, das Gewehr liegt am Arm an.“Männer hätten generell mehr Kraft im Arm und könnten die Pis- tole dadurch ruhiger halten. Das ist auch an den erzielten Ergebnissen zu erkennen. Schwertberger betont auch, dass viele Schützinnen in der Vergangenheit gar nicht so begeistert waren über gemischte Gruppen. „Bei der Gaudamenleiterversammlung haben viele davon berichtet, dass Frauen über gemischte Wertungen geschimpft haben und sagten: ,Wir schießen anders als Männer‘. Ich denke, das liegt möglicherweise auch am Körperbau. Frauen verlieren im Alter ja schneller ihre Kraft als Männer“, vermutet sie.
In bestimmten Disziplinen ist die Geschlechtertrennung – zumindest in höheren Ligen und bei Meisterschaften – also sinnvoll. Doch im Luftgewehr-Rundenwettkampf ist man sich laut Schwertberger und Müller einig: Gemischte Teams sorgen für mehr Geselligkeit. Und so haben junge Frauen auch die Möglichkeit, sich mit einer größeren Zahl von erfahreneren Schützen zu messen. Mittlerweile sind die weiblichen Nachwuchsschützen sogar sehr stark im Gau vertreten. Diese zeigen laut Schwertberger häufig sogar stärkere Leistungen als gleichaltrige Buben und junge Männer. „Mädchen sind ehrgeiziger, sie wollen mehr“, sagt sie.
Der Grund dafür könnte ihrer Ansicht nach sein, dass Mädchen meist nicht so vielen anderen Hobbys zusätzlich nachgehen: „Jungs machen mehr Action-Sportarten, spielen zum Beispiel zusätzlich noch Fußball. Ich denke, dass ihnen der Einstieg in den Schießsport mitunter zu langweilig ist. Dabei unterschätzen sie, dass dazu auch Kondition gehört.“
Trotz des „weiblichen Ehrgeizes“würden die meisten Frauen den Schießsport als reine Freizeitgestaltung und wegen der Geselligkeit betreiben.
„Frauen haben meist kürzere Arme und dadurch einen kleineren Winkel zum Ge wehr. Sie wiegen außerdem oft weniger und schwanken deshalb nicht so leicht wie große Männer.“Gabi Schwertberger, Gaudamenleiterin
Die Zahl der Schützinnen, die auch an Meisterschaften teilnehmen wollen, sei erheblich geringer.
Trotzdem fällt auf: In den beiden Bayernliga-Mannschaften aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung, Gemütlichkeit Mertingen und Winterlust Staudheim, ist die Anzahl der weiblichen und männlichen Schützen ausgeglichen, und es schießen überwiegend jüngere Schützen. Kein Wunder also, dass Deutschland bei internationalen Wettkämpfen wie den Olympischen Spielen von Frauen mindestens genauso erfolgreich vertreten wird wie von den Männern.