Versuchter Totschlag: Prozess hat begonnen
Im Februar rastet ein heute 46-jähriger Mann in der Parkstadt aus, attackiert Polizisten mit einem langen Messer. Die Beamten können ihn nur mit einem Schuss in den Oberschenkel stoppen. Gestern begann sein Prozess in Augsburg
Ein 46-Jähriger hat seine Frau und Kinder geschlagen und Polizisten mit einem Messer attackiert. Nun hat sein Prozess begonnen.
Donauwörth/Augsburg Es sind Szenen wie aus einem Krimi, die sich am 25. Februar dieses Jahres in der Donauwörther Parkstadt abgespielt haben: Ein 45-jähriger Mann wird während eines Familienstreits gewalttätig, schlägt seine zwölf- und 18-jährigen Töchter sowie seine Ehefrau mit der Hand ins Gesicht. Diese flüchten sich verängstigt zur Nachbarsfamilie.
Der Mann demoliert mit einem rund 50 Zentimeter langen Eisenrohr diverse Gegenstände auf seinem Anwesen, schlägt die Scheiben beider Fahrzeuge seiner eigenen Familie ein, wirft Pflastersteine in Richtung des Nachbaranwesens – und schlägt damit mehrere Fenster ein.
Als Donauwörther Polizeibeamte kurz nach 17 Uhr beim Anwesen eintreffen, bedroht der Täter, der über zwei Promille Alkohol im Blut hat, die Gesetzeshüter mit einem großen Messer und dem Eisenrohr.
Mehrmalige Aufforderungen, die Waffen fallen zu lassen, bleiben erfolglos, auch ein Warnschuss beeindruckt den Mann nicht – im Gegenteil: Er geht auf den Streifenwagen zu, schlägt die hintere Scheibe ein und attackiert einen Beamten. Dieser schießt dem Angreifer in den Oberschenkel. Erst am Boden können ihn die Polizisten überwältigen. Durch den Schuss erleidet der Mann keine lebensgefährlichen Verletzungen, muss jedoch ins Zentralklinikum Augsburg eingeliefert werden. Seit 26. Februar befindet sich der 46-Jährige in Untersuchungshaft.
Nun muss sich der Täter vor der achten Strafkammer des Augsburger Landgerichts unter Vorsitz von Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser verantworten. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet: vorsätzliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie versuchter Totschlag.
Der Angeklagte wirkte vor Gericht gedämpft und sediert. Seine Ausdrucksfähigkeit war ebenfalls beeinträchtigt, zudem hatte er auffällige grammatische Schwierigkeiten. Das komme daher, dass der Mann „massiv unter dem Einfluss von Psychopharmaka steht“, wie dessen Verteidiger Florian Engert gegenüber unserer Zeitung schilderte. An die Tat selbst habe der Beschuldigte alkoholbedingt keine Erinnerungen. Dennoch bestritt er die Vorwürfe des Oberstaatsanwaltes Andreas Dobler nicht.
Am ersten von mindestens drei Prozesstagen waren sieben Zeugen geladen: Ehefrau und Töchter des Angeklagten, die Nachbarn, zu denen sich die Familie flüchtete, sowie der künftige Schwiegersohn des Beschuldigten. Während Ehefrau und Töchter von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machten, sagten die anderen Zeugen aus. Sie zeigten sich betroffen, da sie den Mann noch nie so erlebt hätten. Unter Alkoholeinfluss sei er eher gesellig gewesen, jedoch niemals problematisch.
Der Prozess wird am kommenden Dienstag, 12. Dezember, fortgesetzt. Elf Zeugen sind dann geladen, allen voran die Polizeibeamten, die bei dem Vorfall in der Parkstadt beteiligt waren. Darunter auch der Schütze, der dem Täter in den Oberschenkel geschossen hat.
Auch eine Notärztin wird aussagen, denn nach wie vor steht die Frage im Raum: Warum ist der Mann derart ausgerastet, dass er sich nicht einmal von einem Warnschuss hat abhalten lassen? Diese Frage soll am Ende ein Sachverständiger klären.
Angeklagter wirkt vor Gericht gedämpft
Prozess wird am Dienstag fortgesetzt