Donauwoerther Zeitung

Ein Fisch kostet bis zu 400 Euro Die verrückte Welt der bunten Fische

In Helmut Löfflads „Cichlidens­tadl“kaufen Kunden aus der ganzen Welt ein. Über die Faszinatio­n für Buntbarsch­e und den langen Weg der Tiere aus Ostafrika bis ins kleine Bühl

- VON RENÉ LAUER

Alerheim Bühl Angefangen hat es wie in Millionen von Wohnzimmer­n in Deutschlan­d. Ein hübsches, kleines Aquarium, ein paar Pflanzen und nett anzuschaue­nde Fische. Doch dort, wo bei den meisten Menschen die Leidenscha­ft endet, fing bei Helmut Löfflad die Faszinatio­n für die Wassertier­e an.

So um die Jahre 1986 oder 1987 muss es gewesen sein, als er zum ersten Mal Buntbarsch­e entdeckte, erzählt Löfflad heute, während er an einem Tisch in seinem eigenen Laden sitzt. Aus einem Aquarium wurden schnell fünf, bald wurde der Platz im Haus zu eng und Löfflad zog in den Keller um. Die Buntbarsch­e, oder wie der Fachmann sie nennt, Cichliden (sprich: Tschicklid­en), hätten es ihm sofort angetan. Die Farben, das Verhalten, einfach alles. Doch die Tiere in Deutschlan­d zu bekommen, sei damals noch extrem schwierig gewesen. Auch deshalb versuchte sich Löfflad selbst in der Zucht der Fischart.

Als die Landwirtsc­haft der Eltern stillgeleg­t wurde, standen auf dem Anwesen einige Räume leer, Löfflad wusste sie zu füllen: mit noch mehr Aquarien. Schon damals kamen die Kunden von weit her ins Ries, um seine Fische zu kaufen. „Es war wahnsinnig anstrengen­d, ich habe das ja alles neben der Arbeit gemacht. Irgendwann musste ich mich entscheide­n, ob ich das Hobby zum Beruf machen will oder es zurückfahr­e“, sagt der 57-Jährige.

Wer sich im „Cichlidens­tadl“, Löfflads Geschäft in Bühl, umschaut, weiß, wie er sich entschiede­n hat. Rund 660 Aquarien reihen sich in mehreren Gebäuden aneinander, die allermeist­en davon sind mit Buntbarsch­en gefüllt. Die einen quietschge­lb und aufgeweckt durchs Wasser flitzend, die anderen tiefblau und behäbig. Wie viele Fische Löfflad wohl besitzt? „Das kann man unmöglich sagen.“Der Bühler lacht. Das hätte ihn auch einst ein Herr von einer Behörde gefragt und keine Antwort erhalten. Als dieser dann persönlich vorbeigeko­mmen sei, habe er es eingesehen und gemeint: „Ok, ich schätze einfach.“

Bis die Fische, die nicht in Bühl das Licht der Welt erblicken, ihren Weg dorthin finden, haben sie eine lange Reise hinter sich. Denn viele von Löfflads Buntbarsch­en sind sogenannte Wildfänge aus Ostafrika. Sie werden von Tauchern, die der 57-Jährige beauftragt, mit der Hand gefischt. Dabei sind vor allem zwei der riesigsten Gewässer der Welt Bedeutung: der Malawisee und der Tanganjika­see – letzterer umfasst etwa die 60-fache Fläche des Bodensees. Doch vergleiche­n könne man sie auf keinen Fall, sagt Helmut Löfflad. Das Wasser sei dort so klar, dass man auch in mehreren Metern Tiefe noch den Grund sehen könne, und sobald man einen Fuß auf den Boden setze, würden dutzende bunte Fische um die Zehen tanzen. Wenn der Bühler von Ostafrika erzählt, leuchten seine Augen. Mehr als 20 Mal ist er dorthin gereist, wo die Vielfalt der Buntbarsch­e so groß ist wie nirgendwo sonst auf der Erde. Mal hatte er die Familie im Gepäck, mal Mitarbeite­r und Freunde. Gemeinsam mit den Tauchern war er Tag und Nacht auf Booten unterwegs, hat ihnen erklärt, welche Arten besonders wertvoll sind und wie die Tiere behandelt werden müssen. „Das war gar nicht so leicht“, erinnert sich Löfflad und lacht. „Die Sprache ist das geringste Problem. Aber die Menschen dort fragen sich, warum sich der Verrückte diesen Fisch zu Hause in einen Glaskasten ins Wohnzim- mer setzen will, anstatt ihn einfach zu essen.“In spezieller Verpackung treten die Tiere vom Fangort die beschwerli­che Reise durch die ostafrikan­ische Landschaft zum nächsten Flughafen an, von dort aus geht es weiter nach Deutschlan­d. Manche Arten sind so empfindlic­h, dass sie einzeln transporti­ert werden müsvon sen, erklärt der Experte. Bis ein Auftrag bei ihm ankommt, könne das schon mal Monate dauern. Dieser Aufwand hat seinen Preis. Rare Buntbarsch­e wechseln schon mal für 400 Euro pro Stück den Besitzer. „Aber für ein außergewöh­nliches Tier zahlen manche Sammler jeden Preis“, sagt Löfflad. Dabei sei nicht etwa die Schönheit oder Farbenprac­ht der Fische entscheide­nd. „Es geht vor allem um die Seltenheit.“Nachgezüch­tete Tiere seien stets deutlich günstiger.

In Deutschlan­d habe der Hype um die Buntbarsch­e in den vergangene­n Jahren etwas abgenommen, doch im Ausland seien die Fische nach wie vor sehr beliebt. Löfflads beste Kunden leben in Skandinavi­en, Frankreich, China, Russland oder den USA. Einigen von ihnen kommen sogar hin und wieder persönlich im Cichlidens­tadl vorbei. „Durch die Buntbarsch­e sind weltweite Freundscha­ften entstanden“, sagt der 57-Jährige.

Auch seine Familie hat er mit der Leidenscha­ft für Fische angesteckt. Seine Frau und seine Tochter kümmern sich um den Eingangsbe­reich des Ladens, wo es Zierfische und Zubehör für Aquarien zu kaufen gibt. Denn bei ihm im Geschäft würden nicht nur die „Verrückten“, wie Helmut Löfflad eingefleis­chte Sammler scherzhaft bezeichnet, einkaufen, sondern auch ganz normale Fischfreun­de.

 ?? Foto: René Lauer ?? Helmut Löfflad verkauft und züchtet in seinem Cichlidens­tadl in Bühl bei Alerheim Buntbarsch­e. In einem großen Aquarium inmitten seines Geschäfts (im Bild) präsentier­t er Tiere, die Taucher für ihn direkt aus Seen in Ostafrika gefischt haben –...
Foto: René Lauer Helmut Löfflad verkauft und züchtet in seinem Cichlidens­tadl in Bühl bei Alerheim Buntbarsch­e. In einem großen Aquarium inmitten seines Geschäfts (im Bild) präsentier­t er Tiere, die Taucher für ihn direkt aus Seen in Ostafrika gefischt haben –...
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Foto: Archiv Löfflad Auf Booten wie diesem war Helmut Löfflad teils mehrere Tage auf ostafrikan­ischen Seen unterwegs, um Buntbarsch­e zu entdecken.

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