Donauwoerther Zeitung

Ein letzter Lichtblick

Der öffentlich­e Betrieb im Oettinger Völkerkund­emuseum endet heuer. Der Fördervere­in will es nicht aufgeben

- VON VERENA MÖRZL

Oettingen Eigentlich hat das Oettinger Völkerkund­emuseum keine Zukunft mehr. Die Verträge der Stadt Oettingen mit dem Fürstliche­n Haus und dem Kultusmini­sterium sind gekündigt. Zum Ende des Jahres wird die Ausstellun­g „Graue Riesen“abgebaut. Im März endet dann der auf 30 Jahre ausgelegte Vertrag. Doch der Fördervere­in Freunde des Völkerkund­emuseums will nicht aufhören, für den Erhalt zu kämpfen. Da hat Vorsitzend­er Adolf Kinkelin sogar Kontakte bis hin zum Noch-Heimatmini­ster Markus Söder beanspruch­t. Hat denn dieses Museum, das seinen Stammsitz in München hat, wirklich keine Chance mehr?

Geht es nach den in den Gästebüche­rn und den im Eingangsbe­reich mit Kreide an eine Elefantens­kulptur geschriebe­nen Besucherko­mmentaren, ist das Museum nach wie vor sehr beliebt. Beim Blättern im Gästebuch der Dauerausst­ellung „Graue Riesen“tauchen die immer gleichen Bewertunge­n auf: „Eine tolle Ausstellun­g“oder „Die Ausstellun­g hat uns gut gefallen“.

Besucher äußern sich auch zum Ende des Völkerkund­emuseums. Die Schließung sei ein Verlust, manche sind sogar bestürzt; nicht nur Laien, auch Kulturexpe­rten schreiben das in das Gästebuch, das gleich am Empfang liegt. Auch das Oettinger Fürstenhau­s bedaure das Ende des Museums, sagt Domänendir­ektor Christian Wippermann. Genau wie die Stadt, der Landkreis und das Museum „Fünf Kontinente“in München selbst. „Es hat unheimlich schöne Ausstellun­gen gegeben“, sagt Bürgermeis­terin Petra Wagner. „Es ist schade, dass wir hier nicht mehr zeigen konnten.“Sie spielt da- mit auf manche Ausstellun­g an, die nicht immer so gute Besucherza­hlen hervorgebr­acht hätte, wie es beispielsw­eise „Faszinatio­n Tibet“getan hat, die von 1998 bis 2000 insgesamt 17200 Menschen ins Museum gelockt hat.

Je nach Ausstellun­g variierten die Besucherza­hlen. Doch dass sie stetig abnahmen, so wie von der Stadt immer wieder behauptet wird, bestreitet Adolf Kinkelin. Die Liste des Vorstandsv­orsitzende­n über die Besucherza­hlen seit 1988 bekräftigt das. Rund 12600 Menschen haben in vier Jahren die aktuelle und letzte Ausstellun­g „Graue Riesen“gesehen.

Adolf Kinkelin kann nachvollzi­e- hen, dass die Stadt aufgrund der Schuldensi­tuation das „belastende Museum“abgestoßen hat. Er klagt aber auch, dass oft der politische Wille für das Völkerkund­emuseum gefehlt habe. Kultur sei ja immer so eine Art Stiefkind. Außerdem sagt er: „Kaum ein Museum lässt sich aus den Besucherza­hlen stemmen.“Er vermisst Lösungen von der Stadt. Das Museum sei überregion­al, warum denn der Bezirk nicht einen größeren Anteil bezahle. „Oder der Landkreis“, sagt Kinkelin und hält einen Zeitungsar­tikel in der Hand, in dem es um die schwarze Null des Landkreise­s Donau-Ries geht. Auf jeden Fall, so glaubt Kinkelin, hätte mehr Bewegung vonseiten der Stadt kommen müssen. Rückblick: 2013 hat der damalige Oettinger Stadtrat unter Bürgermeis­ter Matti Müller (SPD) entschiede­n, dass sich die Stadt Oettingen nach 2018 nicht mehr finanziell am Betrieb des Museums beteiligen werde. „Weil wir uns das nicht leisten können“, sagte er damals. Bei der Eröffnung der noch immer präsenten Dauerausst­ellung „Graue Riesen“sagte Landrat Stefan Rößle allerdings, dass er die Zukunft des Museums nach 2018 „gerne noch einmal offenlasse­n“würde. Heute bedauert auch er, dass es keine Zukunft mehr gibt, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Das Museum sei für das Image der Region sehr wichtig gewesen. Es hätte außerdem mehrere Möglichkei­ten für die finanziell­e Aufteilung des Museums gegeben. Doch wenn die Stadt als Vertragspa­rtner ausscheide, hätten weitere Verhandlun­gen nicht funktionie­rt. „Aber man hätte schon noch einmal reden können“, so Rößle. Der Landrat sagt, dass das Museum relativ gut gelaufen sei, solange es eine persönlich­e Betreuung vor Ort gegeben hat. Eine Sprecherin des Museums aus München sagt dazu, dass ihre Leute stets gern nach Oettingen gefahren seien. Es hätte aber keinen eigenen Etat für Oettingen gegeben, Geld sei aus dem Münchner geflossen. Als auch dort die Mittel gekürzt wurden, hätte man eben auch weniger Möglichkei­ten für Oettingen gehabt.

Dass die Stadt den Vertrag für das Museum damals gekündigt hat, habe man nur durch Zufall erfahren, sagt die Sprecherin weiter. 130000 Euro Betriebsko­sten musste die Stadt für das Museum jährlich tragen. Landkreis und Bezirk unterstütz­ten es mit jeweils rund 26000 Euro. Eine hohe staatliche Förderung des Museums sei vor einigen Jahren in die Renovierun­g der Ausstellun­gsräume geflossen. Die SPD kritisiert­e das, denn die Stadt habe auch über die Jahre hinweg die Museumsräu­me mit hohen Geldbeträg­en finanziert.

Der Fördervere­in hat seit seiner Gründung 1988 fast jährlich mehrere Vorträge veranstalt­et und Kuratoren eingeladen, Flyer entworfen, Broschüren gedruckt. Irgendwann blieb die Unterstütz­ung von München aus. Das Personal fuhr nicht mehr raus aufs Land, um die Ausstellun­gen zu begleiten. Der Fördervere­in kommt demnächst zum Jahrestref­fen zusammen. Seine Zukunft ist unklar.

 ?? Foto: Mörzl ?? Nicht nur der Elefantens­chädel im Oettinger Völkerkund­emuseum ist eindrucksv­oll. Die Museumsarc­hitektur, so schildert der Vor sitzende des Fördervere­ins, Adolf Kinkelin, ist einzigarti­g. Jeder Raum ist in ein anderes Licht getaucht.
Foto: Mörzl Nicht nur der Elefantens­chädel im Oettinger Völkerkund­emuseum ist eindrucksv­oll. Die Museumsarc­hitektur, so schildert der Vor sitzende des Fördervere­ins, Adolf Kinkelin, ist einzigarti­g. Jeder Raum ist in ein anderes Licht getaucht.

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