Die Frage der Woche Fan-Artikel kaufen?
Ganz klar, mit Rationalität kann ich hier nicht gewinnen. Kein vernüftiger Mensch gibt schließlich Geld für irgendeinen Schnickschack aus, nur weil ein paar Bilder von Superhelden oder besondere Schriftzüge darauf zu sehen sind. Weiß ja jeder, dass man sich nicht in ebenjene Helden verwandelt, wenn man sie auf den Socken, auf der Mütze oder auf der Unterhose trägt. Auch nicht, wenn es sich um ein Superman-S auf der T-Shirt-Brust handelt.
Rationalität zieht nicht – bleibt also nur die Emotionalität. Und die ist bei diesem Thema unschlagbar. Welcher Fan denkt schon ans Geld, wenn es um Leidenschaft geht? Da setzen die Ratio-Bereiche im Hirn aus. An meinem Schlüsselanhänger trage ich zum Beispiel eine kleine Legofigur von Prinzessin Leia aus Star Wars. Warum? Zunächst einmal ist sie eine Art Namensvetterin. Wir sind quasi zur selben Zeit auf dem Planeten Erde angekommen. Ich mag die Geschichten rund um ihre Familie, ich war auch traurig, als Darstellerin Carrie Fisher starb und ich bin mir jetzt schon sicher, dass sie auf der Kinoleinwand in Star Wars Teil 21 oder 22 mal fehlen wird. Wenn ich die kleine Legofigur ansehe, ploppen sofort Erinnerungen auf: An den ersten Star-Wars-Marathon – im Vergleich zu heute war er in den 1990er Jahren nach drei Filmen und nur rund sechs Stunden recht schnell vorbei. Außerdem hat mein Patensohn mir die MiniLeia geschenkt, weil er wusste, dass er mir damit eine Freude macht und ich auch an ihn denke, wenn sie an meinem Schlüsselanhänger baumelt.
Natürlich kann man es doof finden, so etwas zu kaufen. Natürlich setzen die Hersteller solcher Fan-Artikel genau auf die Emotionalität der Fans. Natürlich nervt das ganze Franchise um Star Wars gerade. Aber trotzdem …
Wir können uns ja immer wieder wundern oder aufregen darüber, was für ein Wahnsinn und wie absurd das alles ist: 222 Millionen Euro Ablösesumme für einen Fußballspieler oder die Machtkonzentration des Disney-Konzerns oder die Verbreitung von Quatsch wie Pink Fluffy Unicorn und Hello Kitty. Aber Grundlage dieser bizarren Bedeutungsund Vermögenshäufung sind ja nicht einfach nur irgendwie die unmittelbaren Erfolge der Produkte. Möglich wird all das vor allem durch all den infantilen Nippes, den die Menschen aus „emotionaler Bindung“kaufen.
Zum Beispiel „Star Wars“: Bei der letzten Episode der Sternensaga vor zwei Jahren wurden über fünf der insgesamt gut sieben Milliarden (!) Dollar Umsatz allein mit Merchandising erzielt! Tassen, Shirts, Figuren … Solange dieses Geschäft also funktioniert, werden sich die Spiralen immer weiter hochschrauben, egal, ob die (Qualität der) Inhalte dazu noch in irgendeine sinnvolle Relation zu bringen sind.
„Emotionale Bindung“also. Das heißt hier doch: Eine vermeintlich harmlos lustige, allgemeine Infantilisierung des Lebens. Kinderzimmer-Mentalität für alle! Denn die Impulse, die da bedient werden, sind ja die einfachsten Reiz-Reaktionsmuster des Kommerzes. Vorhandene Vorlieben triggern, auf dass alle möglichst viel vom Gleichen haben wollen. Klar, dass das bei Kindern funktioniert. Und eben gar nicht harmlos, wenn die Eltern das einfach mitmachen, sondern Grundschule des Kapitalismus. Das sollte vielleicht, aber muss nicht gleich heißen: Alles kategorisch sein lassen. Das heißt: Sich klar machen, welches Spiel man hier mitspielt und befördert, sich als mündiger Konsument beweisen – und stattdessen mal vielleicht das Album einer Band kaufen statt kostenlos zu streamen.