War der Angeklagte voll schuldfähig?
Warum der 46-Jährige im Februar in der Donauwörther Parkstadt ausgerastet ist, soll das Gutachten des Sachverständigen klären. Zu welchem Ergebnis der gekommen ist
Ein Sachverständigengutachten soll klären, warum ein 46-Jähriger im Februar in der Parkstadt ausgerastet ist. Mehr auf
Donauwörth/Augsburg Was hat den Mann, der im Februar dieses Jahres in der Donauwörther Parkstadt Autos demoliert und mit Eisenrohr und Messer zwei Polizisten bedroht hat, angetrieben? Was hat einen laut Zeugenaussagen friedvollen Menschen dazu gebracht, derart zu randalieren und auszurasten? Der dritte Prozesstag vor der 8. Strafkammer des Augsburger Landgerichts gegen den 46-jährigen Familienvater sollte Antworten auf diese Fragen bringen. Denn Sachverständiger Dr. Richard Gruber stellte sein mit Spannung erwartetes Gutachten vor.
Darin ging der Experte zunächst auf den persönlichen Werdegang des Angeklagten ein: Er habe früh geheiratet, arbeite seit 18 Jahren als Schlosser und Schweißer im Landkreis Donau-Ries. In seiner Freizeit beschäftige er sich in seiner Werkstatt oder unternehme Motorrad- Vor acht Jahren sei dann der Alkohol ins Spiel gekommen – „drei Flaschen Wodka jedes Wochenende, manchmal auch unter der Woche“, sagte der Verdächtige während der Verhandlung. Einen bestimmten Grund für den plötzlichen Alkoholkonsum habe es nicht gegeben. Getrunken habe er vor allem deshalb, weil der Schnaps ihm ein besseres Gefühl gegeben hätte.
Der Sachverständige bescheinigte dem 46-Jährigen geordnete Denkabläufe und ein strukturiertes Selbstbild. Im Oktober verbrachte der Angeklagte einige Tage in der Psychiatrie in Kaufbeuren. Vorausgegangen war ein Suizidversuch. Seitdem nimmt der Verdächtige Psychopharmaka. Dr. Gruber konnte einige Krankheitsbilder ausschließen: Für einen Rauschzustand – immerhin wies der Blutalkoholwert des Mannes nach dem Vorfall über zwei Promille auf – trinke er zu regelmäßig. Auch ein sogenanntes Delirium oder eine Psychose seien unwahrscheinlich, da er keinen völligen Realitätsverlust erlitten habe.
Bei seinem Fazit stützte sich der Sachverständige noch einmal auf die Zeugenaussagen vor Gericht: „Diese haben von einem Tunnelblick und einem Ausnahmezustand gesprochen, in dem sie den Angeklagten vorgefunden haben.“Für den Experten sei das ein Hinweis auf eine verminderte Steuerungsfähigkeit, die wohl aus dem Hang zum Alkohol resultiert sei. Der Auslöser für den Vorfall im Februar sei jedoch nicht zweifelsfrei zu klären. Die aktuell positive Sozialprognose sei laut Dr. Gruber durch den Alkohol gefährdet: „Sollte er so weitermachen, ist der übliche Verlauf der, dass ein sozialer Abstieg beginnt und irgendwann die Familie auseinanderbricht.“Deshalb sei eine rund eineinhalbjährige Therapie sinnvoll – zumal der 46-Jährige, der zuvor nie straffällig wurde, gute Erausflüge. folgsaussichten habe. Das sieht auch der Angeklagte selbst so: „Ich würde in Zukunft gerne ohne Alkohol leben, habe während der Haft bereits über eine Therapie nachgedacht.“
Verteidiger hofft auf „Hilfe statt Strafe“
„Eine verminderte Steuerungsfähigkeit schließt eine verminderte Schuldfähigkeit nicht aus“, sagte Verteidiger Florian Engert nach der Verhandlung. Er hoffe auf „Hilfe statt Strafe“für seinen Mandanten. „Die Chancen stehen gut, dass ihm eine solche Therapie gewährt wird“, zeigte sich Engert zuversichtlich, der während der Verhandlung ein positives Arbeitszeugnis des Angeklagten vorlegte.
Der Prozess wird im kommenden Jahr fortgesetzt: Am 8. Januar stehen die Plädoyers auf dem Programm, noch am selben Tag wird auch das Urteil erwartet.