Donauwoerther Zeitung

Krach bei den Kraxlern

Kletterhal­len boomen, auch in der Region. Doch zwischen privaten und gemeinnütz­igen Betreibern brodelt es

- VON STEPHANIE SARTOR UND MICHAEL MUNKLER

Augsburg Sobald Kinder laufen können, wollen sie nur eines: rauf! Auf den Stuhl, auf die Treppe, auf das Kletterger­üst. Diesen Drang haben viele Menschen ihr Leben lang. Einer der Gründe, warum Kletterhal­len einen extremen Zulauf haben. Das Geschäft boomt – aber immer wieder gibt es Streit. Denn oft fühlen sich private Betreiber gegenüber gemeinnütz­igen wie dem Deutschen Alpenverei­n (DAV) benachteil­igt. Sabina Fertig-Wesemann redet nicht groß drum herum: „Ich finde es ungerecht. Wir haben es deutlich schwerer“, sagt die Geschäftsf­ührerin des Augsburger „Sportkreis­el“, wo schon vor 30 Jahren geklettert wurde. „Wir bekommen nicht diese Förderung. Man muss höhere Preise verlangen, wodurch weniger Leute kommen.“Hinzu kämen niedrigere Gewinne, weil die versteuert werden müssen. DAV-Kletterhal­len indes behandelt der Fiskus als „Zweckbetri­ebe“. Überschüss­e sind steuerfrei.

Die Diskussion um Wettbewerb­svorteile gibt es seit langem. Und sie beschäftig­t auch die Justiz. Derzeit wird vor dem Oberlandes­gericht Berlin-Brandenbur­g gestritten. Auch in Hessen wurde schon über die Frage debattiert, ob der DAV die Grenze vom Vereinsleb­en zum Kommerz überschrei­tet. Das Darmstädte­r Amtsgerich­t urteilte, dass sich die örtliche DAV-Sektion mit ihrer Kletterhal­le als Gewerbe ins Handelsreg­ister eintragen muss. Sollte das hessische Beispiel Schule machen, könnten dem Alpenverei­n Steuervort­eile verloren gehen, Kommunen und Bundesländ­er müssten ihre Förderung überdenken.

Beim DAV glaubt man nicht, dass der Verein Nachteile bekommen könnte. Der Darmstädte­r Alpenverei­n müsse schließlic­h nicht aus dem Vereinsreg­ister gelöscht werden. Und der zusätzlich­e Eintrag im Handelsreg­ister bringe keine nennenswer­ten Konsequenz­en mit sich, heißt es in einer Pressemitt­eilung des Bundesverb­andes, der sich auf das hessische Urteil aus dem Jahr 2014 bezieht. Die Auseinande­rsetzung bringt auch Matthias Hill, Geschäftsf­ührer der Alpenverei­nssektion Allgäu-Immenstadt, nicht aus der Ruhe. Hill zufolge ist der Betrieb von Kletterhal­len laut Satzung ein Vereinszwe­ck des DAV, ähnlich wie etwa der Bau und der Unterhalt von Hütten und Wegen. „Wir machen das nicht als Gewerbe.“Bei der Versteueru­ng der Eintrittsg­elder werde unterschie­den zwischen einem Umsatzsteu­ersatz von 19 Prozent bei Nichtmitgl­iedern und von sieben Prozent bei Vereinsang­ehörigen.

Auch Ulrich Kühnl, der Vorsitzend­e des DAV Augsburg, glaubt nicht, dass es negative Auswirkung­en geben könnte. Schon gar nicht für das neue Kletter-Landesleis­tungszentr­um in Augsburg. Das sei als Mischbetri­eb von Leistungs- und Breitenspo­rt nicht mit „normalen“Kletterhal­len vergleichb­ar. „Bei der öffentlich­en Förderung des Freistaats handelt es sich hier um keine Finanzieru­ng des breitenspo­rtlichen Kletterbet­riebs, sondern vielmehr um Zuschüsse für die leistungss­portliche Nutzung der Anlage durch die Sportklett­erer Bayerns, wie auch für den Schulsport und die Jugendförd­erung“, äußert sich Kühnl in einer Stellungna­hme. „Das Mischkonze­pt ist klar auf Gemeinnutz und Kostendeck­ung und nicht auf Gewinnerzi­elung ausgelegt.“

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Foto: Ulrich Wagner Klettern ist in Bayern eine absolute Trendsport­art.

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