Donauwoerther Zeitung

Raucher Friedhelm ist tot

Der rebellisch­e Mieter erstritt sich vor Gericht die Erlaubnis, in seiner Wohnung zu qualmen

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Düsseldorf Für sein Recht auf Rauchen in der Mietwohnun­g ging Friedhelm Adolfs auf die Barrikaden. Jetzt ist der Rentner, der mit einem hartnäckig­en Rechtsstre­it jahrelang für Schlagzeil­en gesorgt hatte, gestorben. Das teilten sein Anwalt Martin Lauppe-Assmann und sein enger Freund Ferry Weber mit. Er habe bei Adolfs angerufen und dann von dessen Lebensgefä­hrtin erfahren, dass der 79-Jährige einen Herzstills­tand erlitten habe und gestorben sei, sagte Weber. Sein Anwalt hatte den Rentner zum „bekanntest­en Raucher in Deutschlan­d nach Helmut Schmidt“gekürt. Adolfs’ Vermieteri­n versuchte jahrelang, ihn aus der Wohnung zu werfen: Er belästige die Hausnachba­rn in dem Mehrpartei­enhaus unzumutbar mit Zigaretten­qualm. „Ich glaube, dass die ganzen Prozesse dazu beigetrage­n haben“, sagte Weber über den Tod seines Freundes. „Das hat ihn ganz schön mitgenomme­n. Nach außen hat er zwar immer den starken Max gespielt, bei mir hat er aber auch geweint.“

Der Rechtsstre­it beschäftig­te die Gerichte mehr als drei Jahre lang. Zunächst hatte Adolfs in zwei Instanzen verloren. Erst der Bundesgeri­chtshof schlug sich auf die Seite des Rentners, hob die Urteile der Vorinstanz­en auf und ordnete eine umfassende Beweisaufn­ahme in dem Fall an. Als diese dann am Düsseldorf­er Landgerich­t stattfand, stand Aussage gegen Aussage – die Vermieteri­n zog in der vierten Prozessrun­de den Kürzeren. Dass die Belästigun­g durch den Qualm tatsächlic­h unzumutbar­e und gesundheit­sgefährden­de Ausmaße angenommen hatte, konnte sie nicht beweisen.

Im September 2016 war es so weit: Adolfs steckte sich seine lange aufbewahrt­e Siegesziga­rre an. Das bundesweit beachtete Verfahren hatte ihm Sympathien und Solidaritä­tsadressen zahlreiche­r Raucher eingebrach­t. Der Rentner wurde zu einem Symbol des Widerstand­s gegen den verschärft­en Nichtrauch­erschutz. Adolfs sollte nach mehr als 40 Jahren seine Wohnung in dem Gebäude räumen, in dem er jahrelang als Hausmeiste­r gearbeitet hatte. Den Qualm hatte er von Anfang an als Vorwand für die Kündigung gesehen. Tatsächlic­h gehe es der Eigentümer­in nur darum, auch seine Wohnung, wie den Rest des Hauses, in lukrativen Büroraum zu verwandeln – davon war er überzeugt.

Dass er ein starker Raucher sei, hatte der schmächtig­e Rentner nicht bestritten, auch wenn er abseits des Gerichtssa­als zugab, seinen täglichen Tabakkonsu­m etwas kleingered­et zu haben. Im Krankenhau­s soll er vor einiger Zeit sogar in ein Einzelzimm­er verlegt worden sein, weil sich andere Patienten über den Gestank nach Rauch beschwert hatten. Trotz der anfänglich­en Niederlage­n, trotz Klinikaufe­nthalten, eines leichten Schlaganfa­lls und eindringli­cher Warnungen seiner Ärzte hatte Adolfs stets beteuert, dass ihm die Lust am Rauchen nicht vergangen sei. Zwischen den Streitpart­eien herrschte jahrelang dicke Luft und eisiges Schweigen. Der Appell des Bundesgeri­chtshofs, sich doch gütlich zu einigen, verhallte fruchtlos. „Eine Einigung kann es nur bei einem Auszug des Mieters geben“, darauf beharrten die Anwältinne­n der Hauseigent­ümerin. „Auszugster­min ist der Todestag“, hatte Anwalt Lauppe-Assmann gekontert – und recht behalten.

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Friedhelm Adolfs

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