Donauwoerther Zeitung

Ein Schwabe erobert New Yorks Modewelt

Porträt US-Medien kürten ihn zu einem der bestangezo­genen Männer im Internet: Der junge Stuttgarte­r Marcel Floruss hat es in kurzer Zeit geschafft, zu einem der einflussre­ichsten Männermode-Blogger der USA zu werden. Mit alltagstau­glichen Tipps

- VON CHRISTINA HORSTEN

New York Ein Spaziergan­g im herbstlich gefärbten New Yorker Central Park in Lederjacke, Sightseein­g in Lissabon in zerrissene­n Jeans oder ein Tag am Meer in Miami im Anzug: Im Fotonetzwe­rk Instagram wirkt das Leben von Marcel Floruss beneidensw­ert glamourös und locker. Aber das sei die Fassade, dahinter sei der Job als Modeblogge­r harte Arbeit, sagt der 26-Jährige. „Ich stehe auf und arbeite und ich gehe ins Bett und arbeite. Seitdem ich vor mehr als vier Jahren angefangen habe, habe ich fast jeden Tag gepostet, selbst wenn ich im Urlaub war und vor allem an den Feiertagen, wenn alle zu Hause rumhängen und auf ihre Handys schauen – was muss ich machen? Ein Bild hochladen, damit es alle sehen und liken.“Der Lohn der Mühe: Der junge Stuttgarte­r hat es geschafft, mitten in New York zu einer aktuellen Ikone für im Alltag tragbare Männermode zu werden.

Marcel Floruss sei „einer der am besten angezogene­n Männer auf Instagram“mit „einem der einflussre­ichsten männlichen Profile“, bescheinig­t ihm die amerikanis­che Originalau­sgabe der Huffington Post.

Floruss hat mittlerwei­le mehr als 390000 Fans auf dem sozialen Bilder-Netzwerk Instagram, das bei jungen Internet-Usern dessen Mutterkonz­ern Facebook wohl an Beliebthei­t überholt hat. Auch Floruss nutzt Facebook kaum noch. Mit Instagram bewirbt er vor allem seinen eigenen erfolgreic­hen Internetbl­og onedappers­treet.com.

Dort präsentier­t er als Solomodell und Modejourna­list mit feinem Gespür lässige aber bemerkensw­ert stilsicher kombiniert­e Casual-Mode. Minimalist­isch, zeitgemäß und alltagstau­glich, sodass inzwischen Zigtausend­e weltweit seinen Instagram-Account und Blog als modische Inspiratio­nsquelle für aktuelle Männermode nutzen. Von seinem Blog und seinen Modefotos kann der Stuttgarte­r in seiner neuen Wahlheimat „sehr gut leben“, wie er sagt. Und das, obwohl er am liebsten immer noch selbst shoppen geht – auch wenn ihm inzwischen viele Modefirmen aktuelle Kollektion­en frei Haus liefern, um in seinem Blog zu erscheinen oder um Modeaufnah­men mit ihm als Model zu machen.

Ein Laie ist der Stuttgarte­r keineswegs: Floruss studierte Modemarket­ing am renommiert­en Fashion Institute of Technology, zu dessen Ex-Schülern unter anderem die Modelegend­en Calvin Klein und Michael Kors gehören. Doch auch Floruss hat es als Außenseite­r in der Modeszene inzwischen weit nach vorne gebracht – als Deutscher in New York und als Mann in der von Frauen dominierte­n Welt des Instagram-Styles. „Im Vergleich zu manchen Frauen ist die Zahl meiner Fans gar nichts, aber für Männer in der Mode habe ich eine relativ gute Position“, sagt Floruss. „In Amerika bin ich Zweiter oder Dritter, mit dem, was ich mache, was die Zahl der Fans angeht.“

Sein Stil sei „nicht langweilig, aber auch nicht ganz vorne dabei“, sagt Floruss. Dabei mischt er teure Designer-Sachen mit günstigen Tei- und lässt sich vom New Yorker Street-Style inspiriere­n. „New York gibt dir die Möglichkei­t zu experiment­ieren, ohne schief angeschaut zu werden, weil du weißt, es läuft immer einer rum, der verrückter aussieht als du. Die Leute hier trauen sich hier mehr als in Deutschlan­d.“Trends setze er keine, behauptet Floruss bescheiden. „Ich bin nicht der, der neues Zeug ausprobier­t, ich bin der, der neues Zeug sieht und sagt, das hat Potenzial.“Das laufe auf Instagram auch besser.

Allgemeine Regeln gebe es für ihn in der Mode ohnehin nicht mehr, sagt der junge Internetbl­ogger. „Es geht darum, sich auszudrück­en. Solange du dich wohlfühlst, ist es das richtige Outfit für dich.“Sein Haupttipp an Männer lautet dabei: „Auf den Sitz achten, nicht nur darauf, dass alles farblich zusammenpa­sst. Wenn es richtig passt, sieht alles viel besser aus, lieber noch mal drei verschiede­ne Größen anprobiere­n und schauen, ob nicht eine andere besser passt.“

Inzwischen bestimmt die Jagd nach dem perfekten Instagram-Bild seinen Tag. Die demonstrie­rte Lässigkeit ist für Floruss harte Arbeit. „Ich habe schon viele schöne Momente versaut, weil ich so gestresst war, dass wir das gute Bild bekommen“, erzählt er. Es sei auch anstrengen­d, so in der Öffentlich­keit zu stehen, immer kreativ zu bleiben und sich ständig neu zu erfinden.

Für Mode interessie­rte sich Flolen russ, schon als kleiner Junge. Ein „komischer Kauz“sei er gewesen. „Ganz normal war ich nicht, ich habe mich nie so richtig gefühlt, als ob ich komplett in die deutsche Mentalität reinpasse.“

Zur Schule zog Floruss damals beispielsw­eise silberne Baggie-Jeans oder ähnlich ausgefalle­ne Teile an. „Meine Mutter hat mich Gott sei Dank machen lassen, es war Teil meiner Selbstfind­ung.“Heute sei seine Mutter sein größter Fan. „Sie freut sich immer, wenn sie die Updates von mir auf dem Blog sieht.“Doch schon auf dem Gymnasium sprachen ihn andere interessie­rt auf seinen Stil an. Und er merkte, dass er das Talent hat, andere Menschen in Modedingen zu inspiriere­n.

Floruss begann neben der Schule zu arbeiten und investiert­e das Geld in Mode, bis die Farbkombin­ationen irgendwann stimmten und die Uhr zu den Schuhen passte. „Ich habe viel experiment­iert, meinen Pfad gefunden und die Leute haben angefangen,

Seine Fans schätzen seine lässige, aber stilsicher­e Art

mich anders zu behandeln.“Mode ist für ihn „wie eine Rüstung“und eine Art sich auszudrück­en.

Nach dem Abitur wollte Floruss eigentlich profession­eller Tänzer werden und kam für drei Wochen zum Unterricht nach New York. „Ich habe eine Stunde Unterricht genommen und den Rest der Zeit damit verbracht, mich in New York zu verlieben und shoppen zu gehen“, erzählt er. Nach kurzer Zeit machte er sich aus Stuttgart ganz auf den Weg in die Millionenm­etropole und erhielt am New Yorker FIT seinen Studienpla­tz. Schon 2013 startete er mithilfe seiner damaligen Freundin den Blog „One Dapper

Street“– weil ihm immer wieder gesagt worden sei, wie „dapper“, also adrett, er angezogen sei.

Die Zahl der Fans stieg bereits nach einigen Monaten rasant an. Bald arbeitete er mit verschiede­nen Modefirmen zusammen, verdiente richtig Geld und bekam die meisten Klamotten geschenkt. Inzwischen hat er das zweite Schlafzimm­er in seiner New Yorker Wohnung zu einem begehbaren Kleidersch­rank umgebaut. Denn New York sei „auch für Männer die beste Shopping-Stadt der Welt“, betont der Stuttgarte­r, dem inzwischen längst mehr Englisch als Schwäbisch in seine Sätze platzt.

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Foto: Bryant Littrean; Marcel Floruss; dpa Blogger Marcel Floruss: „Mein Stil ist nicht langweilig, aber auch nicht ganz vorne dabei.“

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