Donauwoerther Zeitung

Der schwierige Weg in die Abstinenz

Drogen Wenn Heroinabhä­ngige die Sucht bekämpfen wollen, dann hilft ihnen Sabrina Klement vom Diakonisch­en Werk Donau-Ries. Was die 24-jährige Sozialpäda­gogin dabei erlebt

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Landkreis Rund 40 Menschen kommen zu ihr in die Sprechstun­de, vom Opa bis zum Jugendlich­en. Dann reden sie über ihren schwierige­n Alltag. Darüber, dass ihre Freundin sie verlassen hat oder sie den Job verloren haben. Sabrina Klement hört zu, hilft, wo sie kann. „In erster Linie gilt aber die Sicherung des Überlebens.“Denn die Menschen, die zu ihr in die Sprechstun­de kommen, sind oder waren heroinabhä­ngig.

Die 24-jährige Sozialpäda­gogin arbeitet im Haus der Kirche in der Suchtfacha­mbulanz Nördlingen, Außenstell­e der Suchtfacha­mbulanz Donauwörth, zusammen mit der Caritas, ökumenisch betrieben und vom Bezirk Schwaben finanziert. Seit Mai dieses Jahres bietet das Diakonisch­e Werk Donau-Ries die psychosozi­ale Begleitung bei Substituti­on an, die Klement zehn Stunden wöchentlic­h betreut. Hinter dem Begriff Substituti­on verbirgt sich eine Rauschmitt­elersatzbe­handlung. Heroin- oder Opiatabhän­gige bekommen einen Ersatzstof­f, um sich langsam von der eigentlich­en Droge zu entwöhnen. „Zuerst muss aber der Süchtige den Entschluss fassen aufzuhören“, sagt Klement.

Ein Hausarzt verweist den Abhängigen an einen Arzt, der die Substituti­on überwacht und auch die Rezepte ausstellt. Das muss kein Facharzt sein, sondern kann auch ein Hausarzt mit einer Zusatzqual­ifikation sein. Klingt paradox, aber der Süchtige bekommt Mittel wie Methadon oder Buprenorph­in verschrieb­en und nimmt sie sogar unter ärztlicher Aufsicht ein. „Zumindest anfangs, später dürfen die Mittel auch mit nach Hause genommen werden“, erzählt Klement – natürlich nur, wenn der Arzt dem Klienten vertrauen kann. Es sei sogar möglich, in den Urlaub zu reisen und für einen längeren Zeitraum Mittel zu bekommen. „Das ist aber sehr komplizier­t, es müssen viele Formulare vom Arzt ausgefüllt werden“, sagt die 24-Jährige. Klement findet aber, dass es zu wenig Hausärzte gibt, die die Substituti­onsbehandl­ung anbieten. Dr. Claudia Völkl, Sprecherin des Hausärztev­erbandes im Landkreis, sagt: „Der Umgang mit Suchtkrank­en ist extrem schwierig.“Bei der Substituti­on gebe es ein großes Potenzial an Missbrauch. „Viele Kollegen würden rein theoretisc­h mit einem Bein im Gefängnis stehen“, sagt sie. Das schrecke die Hausärzte ab, eine solche Behandlung anzubieten.

Im Rahmen der Behandlung schickt der Substituti­onsarzt dann die Klienten zur Sozialpäda­gogin. „Eine Beratungss­tunde dauert 50 Minuten, wir reden über alles“, sagt Klement. Auch helfe sie beim Ausfüllen von Behördenfo­rmularen, suche Ansprechpa­rtner beim Jobcenter oder bei einem Schuldenbe­rater und bereite die Klienten auf eine mögliche Therapie vor. „Die Abhängigen können stationär, ambulant oder kombiniert behandelt werden“, erklärt Klement. Die meisten sind ihrer Meinung nach ehrlich, viele kommen auch außerhalb der verschrieb­enen Sprechstun­den oder rufen bei ihr an. „Viele versuchen in den Gesprächen abzulenken und nicht über die Sucht zu sprechen, das Problem wird verschoben“, sagt die Sozialpäda­gogin. Ihr sei es auch wichtig, die Auslöser für die Sucht oder einen möglichen Rückfall zu ermitteln. Grundsätzl­ich sollen die Klienten aber die Ersatzmitt­el langsam runterdosi­eren. Ziel ist die Abstinenz, so Klement. Dabei höre sie immer wieder, dass das Methadon nicht den „Kick“geben würde wie Heroin. Viele würden nebenher Alkohol oder Kräutermis­chungen konsumiere­n. „Regelmäßig­er Kontakt mit den Ärzten ist für meine Arbeit sehr wichtig“, erklärt sie. Nicht zuletzt, da einige Klienten mit Mehrfachdi­agnosen, wie Borderline-Störung oder Schizophre­nie, in die Beratung kommen. Ab und zu seien auch Angehörige bei den Terminen dabei. Der 24-Jährigen und dem Diakonisch­en Werk ist es wichtig, dass diese Behandlung­smethode, die sich in Deutschlan­d seit Jahren als eine gute Alternativ­e in der Behandlung von Drogenabhä­ngigen etabliert hat, bekannt wird.

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Symbolfoto: Hermann Ernst Sabrina Klement vom Diakonisch­en Werk Donau Ries hilft Heroinabhä­ngigen, ihre Sucht zu bekämpfen.
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Sabrina Klement

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